Männerabend in unserem Hause. Ich kann ihn gut leiden, den Kumpel meines Mannes, der öfter mal zu einem Bierchen zu uns kommt. Heute habe ich Lust, ein wenig mit ihm zu schäkern. Ohne Vorwarnung und völlig unüberlegt stelle ich ihn vor die Wahl: Hure oder Göttin? Seine Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Ich nehm die Hure. Da weiß ich, was ich zu erwarten hab.“
Ich bin perplex. Innerlich möchte ich mir auf die Zunge beißen. Ich wünschte, ich hätte diese Worte nie ausgesprochen. Aber Worte haben Macht und lassen sich nie wieder zurück holen. Zum Glück wechselt mein Mann schnell das Thema. Aber mir geht die Reaktion des jungen Mannes nicht mehr aus dem Kopf. Ich würde gerne nachfragen, welches Bild er grundsätzlich von einer Frau hat, dass er auf diese Aussage kommt. Aber ich traue mich nicht. Zu heiß ist dieses Thema. Und zu schnell könnte ich auf eine Schiene geschoben werden, auf der ich nicht sein will.
Wie also komme ich zu einer Antwort auf die Frage nach dem Frauenbild? Ich kann mir doch nicht einfach irgendetwas ausdenken, was so nicht stimmt? Zu meinem Mann habe ich Vertrauen. Ich spreche dieses Thema später noch einmal an, als der Kumpel längst nicht mehr da ist. Mein Mann erinnert mich daran, dass ich diesbezüglich sicher in der Geschichte fündig werde. Hmmm. Ich weiß nicht so recht. Aber gut. Ich werde mal auf die Suche gehen.
Kultur und Religion
Eigentlich fange ich bei einem Thema nicht gerne bei Adam und Eva an. Aber in diesem Fall ist es diese Information die heute in unserer Kultur bekannt ist. Es ist eine Tatsache, dass es männliche und weibliche menschliche Spezies gibt. Bereits in der ersten uns bekannten Hochkultur der Sumerer, im heutigen Irak, finde ich bei Recherchen, dass die Frau als Wesen bereits als Göttin verehrt worden ist. Um genau zu sein, sogar als Fruchtbarkeitsgöttin.
Ganz auf das Wesentliche reduziert hieß dieser „Glaube“: Die Frau empfängt Leben, nährt Leben und gibt Leben weiter. Das ist zu verehren.
Ob die Frau als Individum damals von einem Mann verehrt wurde, das lässt die Berichterstattung der damaligen Religion offen. Es ist Interpretationssache. Genauso bleibt es unbekannt, ob nur einzelne Frauen als Göttinen verehrt wurden, ob es mehrere waren, oder ob diese sogar untereinander bereits eine Hierarchie hatten.
Von vielen weiteren so genannten Hochkulturen ist ebenfalls bekannt, dass Frauen als Göttinen verehrt wurden. Man denke nur an die griechischen Göttinen der Antike. Aber auch die so genannten Naturvölker verehrten die Frau im Allgemeinen und manche Frauen im Besonderen.
Und doch scheint es immer einen Unterschied gegeben zu haben zwischen der Frau als Göttin und der Frau als Hure. Wobei beide meines Wissens nach ein und dasselbe getan haben. Nämlich: Leben empfangen, Leben nähren und Leben weitergeben. Beide hatten jeweils in der selben Religion und Kultur ihr Dasein.
Dass die Frau als Hure sogar als berufstätig gilt, das haben wir heute der Kultur und Religion zu verdanken, die aus dem alten Rom entstanden ist. Es ist ein schreckliches Kapitel und ich möchte darauf auch nicht näher eingehen. Wer möchte und interessiert ist, kann dieses Thema leicht recherchieren.
Woran liegt es?
Meine Frage ist dadurch aber immer noch nicht beantwortet. Warum möchte der junge Mann lieber eine Hure? Was verbindet er mit Hure? Über eine mögliche Antwort denke ich besonders nach.
Kann es sein, dass es am Selbstwertgefühl des Mannes liegt? Wenn ein Mann ein sehr geringes Selbstwertgefühl hat, dann hat er es nötig, die Frau klein zu machen. Eine Hure hat zu gehorchen. Der Mann ist Herr über sie. Das könnten mögliche Gedanken sein. Gegenüber einer Hure fühlt der Mann sich groß. Bei einer Göttin hingegen ist der Mann klein. Die Frau steht weit über ihm. Er hat zu gehorchen. In alten Kunstwerken wird dies oft detailreich ausgeschmückt.
Hure oder Göttin? Es ist egal. Einer ist immer klein und unten und der andere ist immer groß und oben. Welche Kraft der Symbolik liegt hinter dieser Aussage!
Gibt es eine Alternative?
Ich meine ja! Denn wenn ein Mensch weiß, dass er bedingungslos und über alle Maßen geliebt ist, dann hat er es nicht nötig, sich, oder den anderen klein zu machen. Es braucht die Wertung nicht: Hure oder Göttin! Beide. Mann und Frau sind nicht gleich sondern gleichwertig. Beide tragen ihren Teil dazu bei, das Leben weiterzugeben.
Was meinst du zu diesem Thema? Schreibe gerne einen Kommentar.