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Die kleine Frau steht am Band der Supermarktkasse und räumt ihre Waren aus. Es ist nicht viel. Hinter ihr steht ein großer Mann, der seine Sachen nach ihr auf dem Band platziert. Nacheinander werden die Waren über die Lichtschranke gezogen. Dann nennt die Kassiererin den Betrag.

Sie macht ihre Handtasche auf und ist entsetzt. Kein Portemonnaie. Fieberhaft überlegt sie, wo das sein könnte. Sie öffnet alle Fächer und greift hinein. Nichts. Vielleicht in einer Jackentasche. Sie wurschtelt rechts und links. Nein. Auch nichts. Oder in den Hosentaschen? Sie prüft alles, findet das Portemonnaie aber nicht. Je mehr sie sucht, desto unangenehmer wird es ihr. Fieberhaft überlegt sie, was sie nun machen soll.

Die Kassiererin blickt sie ungeduldig an und aus dem Lautsprecher ertönt: „Wir öffnen eine zweite Kasse. Bitte legen Sie Ihre Waren auf das Kassenband.“ Wie in Trance registriert sie, dass die ganze Kundenschlange hinter ihr schnell an die andere Kasse wechselt. Nur der Mann bleibt stehen. Mit einem Seufzer wendet sie sich an die Kassiererin.

„Ich kann nicht bezahlen. Ich habe kein Portemonnaie bei mir.“ Schon will sie die Sachen zurücklegen, da sagt der Mann:

„Nein. Lassen Sie mich das bezahlen.“ Er reicht der Kassiererin die abgezählte Summe ihres Einkaufs.

Erleichtert verlässt sie den Supermarkt und wartet vor der Tür, bis der Mann herauskommt.

„Bitte warten Sie. Ich will Ihnen das zurückzahlen. Gleich um die Ecke bin ich zu Hause. Es wird nicht lange dauern.“

Der Mann wehrt ab. „Nein, lassen Sie das. Geben Sie den Betrag einfach jemandem, der es braucht, wenn Ihnen das sonst peinlich ist.“ Schnell geht er zu seinem Auto und fährt davon.

Dankbar geht die Frau nach Hause. Dort entnimmt sie ihrem Portemonnaie, das ganz offen auf dem Küchentisch liegt, die Summe des Betrags für ihren Einkauf. Bei Gelegenheit will sie es für jemand Bedürftigen einsetzen.

Schon am nächsten Tag sieht sie den stadtbekannten Obdachlosen. Sie erkennt ihn sofort. Ohne lange zu überlegen geht sie auf ihn zu und sagt:

„Nehmen Sie bitte das und kaufen Sie sich etwas zum Essen.“ Sie drückt ihm das Geld in die Hand und geht schnell weiter.

Überrascht ruft der Obdachlose ihr ein „Dankeschön“ hinterher. Gleich danach geht er zur nächsten Bäckerei und kauft sich Brot und Brötchen. Gerade als er damit herauskommt, rennt ein spielender Kindergartenjunge gegen seine Beine und fällt um. Der Schreck und das Geschrei ist groß. Freundlich beugt sich der Obdachlose zu dem Jungen hinunter, hilft ihm auf und streicht ihm tröstend über das Haar.

„Hier nimm das. Damit geht es dir gleich wieder besser.“ Er legt eines der Brötchen, das er eben gekauft hat, in die Hand des kleinen Jungen. Der beißt kräftig hinein. Sofort versiegen die Tränen und er läuft glücklich davon.

Ein paar Häuser weiter bleibt er jedoch wieder stehen. Ein kleiner Hund ist dort angebunden und bellt pausenlos. Der kleine Junge bricht ein Stück von seinem Brötchen ab und hält es dem Hund hin. Der Hund nimmt es dem Jungen vorsichtig aus der Hand und genießt dann, wie er gestreichelt wird. Dabei vergisst er ganz, weiter zu bellen.

Kurze Zeit später kommt eine Dame aus der Tür des Hauses.

„Oh Waldi. Das ist aber schön, dass du nicht mehr bellst.“ Dann winkt sie dem lächelnd dem kleinen Jungen zu und verschwindet um die Hausecke.

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Zu schön um wahr zu sein? Nein! So etwas passiert, wenn ein Mensch anfängt, an den Anderen zu denken.

Ganz herzlichen Dank an meine liebe Kollegin, die mir ihre Geschichte erzählt hat.

Ist dir so etwas auch schon einmal passiert? Schreib es mir doch gerne in einem Kommentar.

Notiz in der Tageszeitung:

Nagold über die Ufer getreten. Sparkasse Calw muss Geld in Sicherheit bringen.

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Ich saß auf einem harten Hocker an einem wuchtigen Tisch. Durch das kleine, vergitterte Fester in etwa 3 ½ Meter Höhe drang kaum Licht, obwohl es hellichter Tag war. An zwei von vier Wänden aus grauem Beton waren graubraune Jutesäcke mit der Aufschrift „Bundesbank“ bis fast zur Decke gestapelt. Dort waren Scheine drin. Das war mir bekannt. Ich fragte mich, wer das so geschickt gemacht hatte, damit die Säcke nicht herunterfielen, aber ich konnte es mir nicht vorstellen. Es gab zu viele Kandidaten, die dafür hätten verantwortlich kein können.

Mein Auftraggeber hatte mir zur diffusen Neonlampe an der Decke noch eine helle Lampe auf den Tisch gestellt. Links neben mir lagen feine Papierblättchen mit den Maßen 10 mal 10 Zentimeter in unterschiedlichen Farben. Rosa, hellblau, hellgrün und zartgelb. Direkt vor mit stand, leicht angeschrägt, die Inkiess-Kasse. Hier sollte ich das Kleingeld hineinsortieren, das rechts neben mir wild durcheinander auf einem großen Haufen lag.

Ich griff in den Haufen neben mir und sortierte. Von einem Pfennig bis zu zwei Mark war alles dabei. Wenn die Anzahl der Münzen eine bestimmte Markierung erreicht hatte, zog ich von links ein Papierblättchen mit entsprechender Aufschrift. Mit zwei Fingern nahm ich dann die Münzen aus der Inkiess-Kasse heraus und legte sie auf das Papierblättchen. Dann noch kurz richtig ausjustieren, die Ecken korrekt einknicken und in den „Fertig“-Korb legen, der auf einem Hocker neben dem meinen stand.

Vier Stunden sollte meine Schicht dauern. Dann würde ich abgelöst werden. Ich schaute auf die Uhr, die über der Tür hing. Diese war verschlossen und nur mit mehreren Zahlencodes von außen zu öffnen. Bevor ich hierher geschickt worden war, hatte ich meine Unterschrift hinterlegen müssen. Man musste doch wissen, wen man belangen konnte, wenn etwas nicht ordentlich gemacht war. Geldsache ist Vertrauenssache. Ich wollte mich als vertrauenswürdig beweisen und arbeitete gewissenhaft. Als die Konzentration nachließ, wurde ich langsamer. Es sollte mir kein Fehler passieren.

Endlich war Schichtwechsel. Von außen wurde die Tür geöffnet. Ich nahm den Korb mit meinen fertigen Kleingeldrollen und überließ den harten Hocker meiner Nachfolgerin, die ihren eigenen Korb mitgebracht hatte. Dann fiel für mich die Tür von außen ins Schloss. Im Vorraum kam mir mein Auftraggeber entgegen und nahm mir meinen Korb ab. „Sag mal Fräulein, was hast du da drin eigentlich gemacht? Geschlafen? Die Anderen machen mindestend doppelt oder dreimal so viel.“

Ich konnte und wollte nicht antworten, denn ein dicker Kloß steckte in meinem Hals. Mit gesenktem Kopf entfernte ich mich so schnell wie möglich in Richtung Toilette. Dort weinte ich mich erst mal aus und wusch meine Hände. Meine emotionale Befindlichkeit war durch das Eingesperrtsein im Tresor und der Abstrafung meines Auftraggebers nicht gerade im Gleichgewicht. Auch das Kleingeld, das ich sortieren und eingerollen musste, hatte seine Spuren hinterlassen. Durch den Schmodder des Hochwassers hatte es einen Geruch angenommen, dessen Ekligkeit ich erst nach vielem Händewaschen etwas abmildern konnte.

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Musstest du auch schon einmal eine Aufgabe übernehmen, die dir im wahrsten Sinne des Wortes „gestunken“ hat? Erzähle es mir doch gerne in einem Kommentar.