Wo ich mich zu Hause fühle, war die Frage, die ich zu meiner Blogparade Anfang Februar gestellt habe. 19 Frauen haben daran teilgenommen. Ganz herzlich möchte ich mich bei jeder mitschreibenden Frau bedanken.

Bei jedem Text war es für mich, als würde mich die Schreiberin mit in ihr Zuhause nehmen. Trotz der oft weiten räumlichen Entfernung bin ich durch die gewählten Worte dem Menschen dahinter nahe gekommen. Es wurde ein zartes Band des Verstehens und Mitfühlens gewunden, das dem Fremdsein entgegenwirkt.

Wo ich mich zu Hause fühle. Das ist das verbindende Element.

Manuela Zollitsch hat eine sprachliche Heimat. Sie kennt ihre Wurzeln und ihr Zuhause. Dort, wo sie mit Menschen und Orten mit allen Sinnen in Resonanz gehen kann, dort fühlt sie sich zu Hause. Dann kommt etwas in ihr in Schwingung und sie kann durch ihren fließenden Atem alles Erstarrte loslassen.

Stephanie von kleiner Komet hat festgetellt, dass sich ihr Zuhause im Laufe ihres Lebens verändert hat. Trotzdem empfindet sie ihr Zuhause als sichere Basis, wenn sie von der großen, weiten Welt mit ihren Abenteuern zurückkommt. Wenn sich dann ein wohliges Gefühl einstellt, fühlt sie sich zu Hause.

Anna erzählt in der Folge 20 ihresVerbindung-Schaffen-Podcasts von „ihrem“ Bielefeld, das sie manchmal auch Liebefeld nennt. Dabei unterscheidet sie nicht nur zwischen den Begrifflichkeiten und ihren Bedeutungen von Heimat, Zuhause, Herkunft und Heim, sondern ermutigt auch, durch Engagement eine Verbindung zur Heimat aufzubauen und zu halten.

Jennifer Dillmann schuf mit ihrem Beitragsbild eine herrliche Assoziation mit dem Thema. Es ist ein herzlich lachender Junge von etwa fünf Jahren, der ein Buch auf dem Schoß liegen hat. Ganz in diesem Sinne hat sie auch von Büchern und Buchhandlungen erzählt, in denen sie sich zu Hause fühlt.

Anna hat sich in ihrem anna-livia-Blog Gedanken darüber gemacht, dass sie sich wohl überall zu Hause fühlen kann. Das wichtigste ist ihr aber eine Tür, die man zumachen kann, damit ein Zuhause-Gefühl entsteht.

Birgit Nüchter ist schon oft umgezogen. Ihr letzter Umzug ist jedoch gerade erst ein paar Tage her und sie fragt sich, was sie denn braucht, um sich an dem neuen Ort Zuhause zu fühlen.

Sabine vom mausloch schreibt schwungvoll und nimmt die Lesenden mit in ihr Zuhause. Manchmal fühlt sie sich in anderen Welten zuhause, in die sie bei Museumsbesuchen gerne eintaucht. Ganz besonders gerne aber mag sie Musik und fühlt sich dort zu Hause.

Anne Seltmann hat am 07.03.2024 mit einem kleinen Rückblick auf ihr Leben festgestellt, dass sie nach mehreren Umzügen jetzt in Kiel zu Hause ist und den Blick auf die Ostsee sehr genießt. Manchmal fühlt sie sich mehr als Kieler Sprotte, als die „Ureinwohner“ Kiels.

Hellen Lührs ist da zu Hause, wo sie ist. Es ist fast egal für sie, wo der Ort ist, wenn sie sich mit ihrem Atem in Einklang fühlt. Den Raum mit allen Sinnen in sich zu spüren und bei sich zu sein, das wünscht sie sich nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihre Mitmenschen.

Regina Klee fühlt sich in ihrer Eigen-Art zu Hause. Dort, wo sie eigenartig sein kann. In ihrem Beitrag, den ich als Gastbeitrag auf meinen Blog veröffentlichen durfte, erzählt sie einige Dinge von sich. Ich finde es ist fast wie ein Gedicht. Es so zu schreiben, ist wohl auch eine ihrer Eigenarten.

Silke, die Vogelguckerin, hat festgestellt, dass ihr Zuhause die Weite ist. Diese hat sie am Meer gefunden, ganz gleich, wo sich dieses Meer befand. Ganz nach ihrer Berufung hat sie sich auch gefragt, wo denn nun die vielen Zugvögel zuhause seien und woran diese wohl ihr Heimatgefühl festmachen. Naturgemäß hat Silke die Antwort darauf offen gelassen.

Sari vom heldenhaushalt hat den wunderschönen Begriff „Ohana“ geprägt, der aus der hawaiianischen Sprache kommt und so viel bedeutet wie Nest oder auch Familie. Dieses „Ohana“, sei auf Hawaii so etwas wie die Geborgenheit in einer Großfamilie mit oder ohne direkte Verwandtschaft. Sari schreibt davon, wo und wie sie dieses „Ohana“ erlebt.

Kathy von ahoiundmoinmoin ist überall auf der Welt zu Hause. Sie schreibt von sich, dass sie das Reise-Gen geerbt habe. Am liebsten ist sie barrierefrei auf Kreuzfahrt unterwegs, erkundet aber auch sehr gerne die Städte entlang einer bestimmten Route.

Varika, Merve, Kathy und Mylène erzählen auch wo sie sich zu Hause fühlen. Das kann sowohl im Norden, als auch im Süden sein. Und gegebenenfalls auch mittendrin. Auf ihrem gemeinsamen denkerinnen-blog findet alles Platz, denn sie sagen „Stärke beginnt im Geist“.

Eva vom timetoflyblog fühlt sich auch vom Thema angesprochen. Sie vergleicht ein bisschen ihr Zuhause der Kindheit mit ihrem jetzigen Zuhause. Sie fühlt die Verbundenheit mit beiden und vermisst doch ein kleines bisschen den Blick aufs Wasser, der für sie das i-Tüpfelchen wäre, um ihre Seesucht zu stillen.

Sabrina, alias Sayuchan von lilienmeer hatte auch Lust, von ihrem Zuhause zu schreiben. Sie verbindet dieses Gefühl mit Orten und Menschen, zu denen sie gerne kommt. Dort, wo sie willkommen ist.

Medea hat noch keinen eigenen Blog, hat aber als Gastbeitrag hier auf meinem Blog ihre Gedanken dazu öffentlich gemacht. Ihre Sehnsucht ist in den Bergen zu Hause. Dort fühlt sie auch Freiheit und Unbeschwertheit, die für sie unbedingt zum Zuhause-Gefühl dazu gehören.

Eine mir namentlich unbekannte Person hat bei blogparade.net einen schönen Text veröffentlicht. Er spannt einen Bogen vom räumlichen Zuhause und dem Gefühl, das sich an diesem Ort, durchaus auch mal ändern kann.

Wo ich mich zu Hause fühle, das habe ich in meinem eigenen Beitrag beschrieben. Eingeteilt in meine Lebensphasen, kam ich zu dem Schluß, dass ich keinen konkreten Ort habe, an dem ich mich Zuhause fühle. Dafür aber um so mehr, wenn ich mit mir selbst im Reinen bin.

Reginas Beitrag zu meiner Blogparade klingt für mich fast wie ein Gedicht auf ihr Zuhause. Damit es auch ein heimeliges Plätzchen auf dem Blog bekommt, habe ich sie gebeten, es als Gastbeitrag hier auf meinem Blog veröffentlichen zu dürfen. Überzeuge dich doch gerne selbst von dem Takt, der in Reginas Worten steckt.

Wann und wo fühle ich mich zu Hause? Was ist zu Hause für mich?

Zu Hause ist für mich wie wohlig warm und wohlfühlen.
Zu Hause ist für mich, mich geerdet fühlen, quasi „to be grounded“ pur.

Zu Hause ist für mich mein ICH-SEIN. Wenn ich bin wie ich bin.
Zu Hause ist für mich in meiner Eigen-Art sein, eigen-artig sein.

Zu Hause ist für mich mein Körper und der ist meine Seele-Geist-Körper Verbundenheit und Balance.
Mein zu Hause ist für mich auch die Verkörperung meines Kerns, mein ICH. Mein ICH wohnt in meinem Körper.

Zu Hause ist für mich,
meine Vielfalt und meine erhöhte Neurosensitivität zu leben.

Zu Hause ist für mich meine Intuition und mein Inner-Flow.

Zu Hause fühlen ist für mich,
meinem Erkundungsdrang, meiner Experimentierlust, Neugier und Spielfreude nachzugehen.

Zu Hause bin ich da,
wo meine Gefühle sind,
wo meine Werte und Wahrheiten,
meine Impulse, meine inneren Bilder und meine Phantasie,
meine Ressourcen, mein Humor, meine Haltungen,
meine Geniezonen und meine Superkraft,
meine Wundertüten und auch ganz geheimen Kräfte sind.

Zu Hause ist für mich meine Klangfarbe,
mein ganz eigener Ausdruck,
und meine Stimme – mein innere Stimme, meine Sprech-, Sing-, Schreibstimme,
meine Kreier-Weise.

Zu Hause ist für mich die Stille in mir.

Zu Hause ist für mich mein Puls.
Zu Hause ist für mich mein Puls im Puls der Welt.

Zu Hause ist meine innere und äußere Bewegung.

Ich fühle mich zu Hause, wenn ich mit mir und meinem Leben in Einklang bin.
Ich fühle mich zu Hause, wenn ich in Resonanz, ich Schwingung, auf einer Wellenlänge mit anderen Menschen bin.
Ich fühle ich zu Hause, wenn meine Kern-Schwingung, meine SEINs-Schwingung im Raum ist.

Zu Hause fühlen ist für mich, mit meinen Sinnen in der Natur zu sein,
die Weite des Meeres zu spüren, das Salz in der Luft zu schmecken, das Wellenrauschen zu hören, mich durchpusten zu lassen, den Wind in meinem Haar zu fühlen.

Zu Hause ist für mich mein SEIN.
Wenn ich so sein kann wie ich bin.

Wo ich mich zu Hause fühle

Als Kind

Die schweren Vorhänge vor den Fenstern sind zugezogen. Draußen ist es schon dunkel. Es gilt die Regel: Lass die Welt draußen, wenn du deine Ruhe haben willst. Mein Papa sitzt auf dem weinroten Sessel, der zum Polstermöbelensemble gehört. Er hat mich zu sich auf seinen Schoß gezogen und redet zu mir mit erhobenem Zeigefinger. Ich drehe meinen Fuß und schaue auf meine Fußspitzen. „Hast du mich verstanden?“ Mein Papa nimmt mein Kinn zwischen seine Finger und dreht mein Gesicht zu sich um. Sein Blick in meine Augen ist zwar streng, aber liebevoll. Ich nicke. Obwohl ich gerade eine Zurechtweisung bekommen habe, fühle ich mich geliebt. Ich kuschle mich in Papas Arme und reibe mein Gesicht an dem seinen. Sein Dreitagebart kratzt ein bisschen. Aber das ist nicht schlimm. Auf Papas Schoß fühle ich mich geborgen und zu Hause.

Als Mutter

Die Fensterläden sind herunter gelassen. Draußen ist es schon dunkel. Eben habe ich meine abendiche Runde durch Haus gemacht und jeder von meinen vier Mädchen „Gute Nacht“ gesagt. Jede hat ein bisschen Zeit bekommen, um von ihren Erlebnissen des Tages zu berichten. Jetzt ist es ruhig im Haus. Die zwei „Kleinen“ schlafen und die „Großen“ stecken noch ihre Nase in Bücher. Ich lasse mich auf dem Sofa im Wohnzimmer nieder und lege die Beine hoch. Mein Blick fällt auf die noch zusammen zu legende Wäsche. Ich greife danach und mache meine letzte Tagesarbeit fast automatisch. Dieses Haus hier hat mein Mann für mich und die Kinder gekauft. Seit wir eingezogen sind, ist es voller Leben. Freude und Leid, Lachen und Weinen wechseln in seinen Mauern manchmal von einem Augenblick auf den anderen. Mitten in dieser Lebendigkeit fühle ich mich zu Hause.

Als Seniorin

Die Sonne hat eben im Westen die letzten Strahlen über das Meer geschickt. Zusammen mit meinem Mann gehe ich schweigend am Ostseestrand entlang. Ich habe mich an seinem Arm eingehakt und spüre seine Nähe. Unsere Schritte knirschen leise im Sand. Dann bleiben wir stehen und schauen auf das Meer hinaus. Die Wellen kommen und gehen in ihrem ewigen Rhythmus. Der Sturm hat sich gelegt und die aufgepeitschte See ist zur Ruhe gekommen. Die Dämmerung nimmt langsam zu. Nacht senkt sich auf die Erde und die Stille auf meine Seele. Im Hier und Jetzt, an der Seite meines Mannes am Ostseestrand, fühle ich mich zu Hause.

Meine Erkenntnis

In meinem Leben gab es schon mehrere Orte und Situationen, in denen ich mich zu Hause fühlte. Und das wird voraussichtlich so sein, bis ich einmal von dieser Erde gehen werde. Eines hat sich aber durch alles hindurchgezogen. Es ist das Gefühl der Geborgenheit. Das spüre ich besonders dann, wenn ich in mir ruhe und mit mir selbst im Reinen bin.

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Dies ist mein eigener Beitrag zur Blogparade: „Wo ich mich zu Hause fühle“.

Hoch in den Bergen

Von meiner Blogparade inspiriert hat Medea aus der Schweiz einen Beitrag verfasst. Er ist so schön, dass ich ihr gerne dafür einen Platz als Gastschreiberin hier auf meinem Blog zur Verfügung stelle. Medea ist oben zu Hause. Oben in den Bergen. Mit dem folgenden Text entführt sie dich an diesen Ort, an dem ihre Sehnsucht zu Hause ist.

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Hi, ich bin Medea, Texterin auf der Suche nach einem Zuhause für meine Texte. Da ich noch keinen eigenen Blog habe, darf ich heute hier bei Edith zu Gast sein. Vielen lieben Dank! Dieser Text ist als Beitrag zur Blogparade „Wo ich mich zu Hause fühle“ entstanden. Inspiriert wurde ich auch durch die 28TageContent-Community.

Also, Zuhause ist für mich dort, wo meine Familie ist. Dort, wo wir uns unser Leben zu siebt eingerichtet haben, wie ein Nest, aus dem wir ausfliegen, um die Welt zu erkunden, und in das wir immer wieder zurückkehren, um uns einzukuscheln, auszuruhen, und einfach zu sein. Es ist schön, so einen Zuhause-Ort zu haben.

Aber meine Sehnsucht, die wohnt in den Bergen. Ganz weit oben. Dort, wo die Bäume kleiner werden und schliesslich ganz verschwinden. Dort, wo sich die Pflanzenwelt auf Flechten an Felsen und ganz kleinen Kräutern und Blümchen nah am Boden beschränkt. In den kargen Felsen, die in den Himmel ragen. Wo klare, kühle Bächlein müde Füsse (oder mehr) erfrischen und die Gipfel schneebedeckt sind. Dort ist die Luft so klar, der Himmel so weit und die Sonne so nah. Dort herrscht unendliche Ruhe. Vollkommener Frieden.

Bergbäche: Die schönste Erfrischung überhaupt

Kind der Berge

Andere zieht’s ans Meer oder in die Tropen, mich zieht’s in die Berge. Warum? Mich macht das Ursprüngliche, das Einfache, die Kargheit der Berge einfach glücklich. Als ich ein Kind war, wohnten wir in der Stadt und später in einem Vorort. Zu diesen Orten habe ich keine bleibende Bindung aufgebaut. Anders als zu den Bergen, wo ich die meisten Ferien meiner Kindheit und Jugend verbracht habe. Meine Familie fuhr immer in das Bergdorf, wo meine Grosseltern eine kleine Wohnung in einem alten Haus besassen, das ihnen früher als Maiensäss gedient hatte. Im Sommer spielten wir Kinder draussen, kraxelten auf den Felsen herum oder wurden auf Wanderungen mitgenommen. Im Winter lernten wir Skifahren (im Dorf, am immer gleichen Hügel, ohne Lift, aber mit ganz viel Vorstellung davon, wie wir später abends vom richtigen Skifahren ins Dorf zurückkehren würden – was wir dann tatsächlich auch taten, als wir älter waren und uns das kleine Skigebiet erschlossen hatten). Das waren unaufgeregte Ferien, immer das Gleiche, aber es war eine Konstante in meinem Leben, die mir – anders als der mehrmals wechselnde Wohnort – eine echte Bindung erlaubte. So sind die Berge das Zuhause meiner Kindheit geworden.

Mein Kindheits-Zuhause in den Bergen

Mein Erinnerungsort

Vom Tal führt eine kleine Luftseilbahn ins Bergdorf meiner Kindheit hinauf. Die Kabine ist klein und ein bisschen abenteuerlich ist es auch. Wenn es stark windet, fährt die Bahn nicht. Oben angekommen, atme ich die frische Bergluft ein. Es fühlt sich vertraut an, wie nach Hause kommen. Auf dem Weg ins Dorf knirscht der Kies unter meinen Füssen, im Winter der Schnee. Es sind diese ersten Geräusche hier bei der Ankunft, die meine Erinnerungen an diesen Ort wachrufen. Auch das Knistern des Feuers im Ofen, wenn wir nach der Ankunft im kalten Haus kräftig einheizten. Oder das Plätschern des Brunnens vor dem Haus. Das Knarzen beim Öffnen der Fensterläden, um einen klaren Bergmorgen hereinzulassen oder dem Schneegestöber zuzuschauen. Ich liebe diese Erinnerungsgeräusche, und manchmal passiert es, dass sie mir auch zu Hause begegnen. Der Brunnen bei uns auf dem Dorfplatz klingt genauso wie der Brunnen aus dem Bergdorf meiner Kindheit. Auch die alten Holzfensterläden machen ähnliche Geräusche wie die aus meiner Kindheit.

Herrlich, hier oben zu sein!

Sehnsucht ist an keinen Ort gebunden

Ich könnte noch lange in Kindheitserinnerungen im Bergdorf schwelgen. Und lange dachte ich, dass ich für diese Heimat- und Glücksgefühle an diesen bestimmten Ort zurückkehren muss. Bis ich dann eines Tages dort war und realisierte, dass dies zwar ein Ort ist, mit dem ich stark verbunden bin, an den ich schöne Erinnerungen habe und der mich geprägt hat, den ich aber nicht mehr brauche, um glücklich zu sein. Denn diese Verbindung zu den Bergen, die ich dort aufgebaut habe, die gibt’s überall, wo’s Berge gibt.

Berge machen mich glücklich

Gipfel stürmen

An meine erste Gipfelwanderung erinnere ich mich nur schwach. In meinem Fotoalbum gibt’s ein Foto von mir und meiner Schwester vor dem Gipfelkreuz. Darunter steht: Mein erster richtiger Berg. Ich war acht, meine Schwester sieben. Wirklich erinnern tue ich mich eigentlich nur an die Blasen, die der lange Abstieg an meinen Fersen hinterliess. Ach, was waren die Wanderschuhe damals hart! Trotzdem war ich wohl auch stolz auf meinen ersten Gipfel.

Immer wieder zieht’s mich seither hinaus und hinauf. Je höher, desto besser. Ich bin keine richtige Alpinistin, ich kann nicht mit Seil und Steigeisen umgehen, aber ich liebe es, mit Händen und Füssen Gipfel zu erklimmen.

Klettern wie ein Steinbock – bis hoch auf den Gipfel

Da oben werden ungeahnte Kräfte frei, dann will ich da einfach hinauf. Dann vergesse ich die Müdigkeit, überlege nicht, wie ich da wieder herunterkomme, dann bin ich ein Steinbock in seinem Element. Und dann: Oben auf dem Gipfel zu stehen, es geschafft zu haben, die Welt von oben herab zu betrachten, das fühlt sich einfach grossartig an. Dann wird alles Andere ganz klein und unbedeutend. Denn dort oben ist die Freiheit grenzenlos.

Besondere Gipfelerlebnisse sind die, die mit einem Sonnenaufgang verbunden sind. In meiner Jugendzeit hatte ich ein paar Mal die Gelegenheit, mit meinen Verwandten den Sonnenaufgang auf einem Dreitausender zu erleben. Wir standen mitten in der Nacht auf, wanderten ca. vier Stunden durch die sternenklare Nacht, um dann kurz vor Sonnenaufgang auf dem Gipfel zu sein. Warm eingepackt warteten wir mit einer Tasse Tee aus der Thermoskanne auf die ersten Strahlen der Sonne. Diesen magischen Moment in einem Meer von Bergen zu erleben, das gehört zu meinen schönsten Gipfelerinnerungen.

Sonnenaufgang auf 3201 Metern über Meer

Als kleine Abwandlung davon hat sich bei meiner Familie nun die Tradition etabliert, am Weihnachtsmorgen zum Sonnenaufgang auf unseren Hausberg zu wandern, der zwar kein richtiger Berg in meinem Sinne ist, aber immerhin mit Aussicht in die Berge.

Diese Wanderung ist jedes Mal ein schönes gemeinsames Erlebnis. In der Nacht zu wandern ist halt irgendwie auch etwas Besonderes, jedenfalls sind die Kinder viel einfacher zu motivieren als am Tag. Im Winter kommt noch das prächtige Farbenspiel der Dämmerung dazu, die viel länger dauert als im Sommer. Da verfärbt sich der Himmel von violett-blau-grün zu rosa-rot-orange. Es wird schon hell, lange bevor die Sonne aufgeht, und das Warten kann ewig dauern. Ist die Sonne dann da, beginnt der Tag mit dem Abstieg. Und wenn wir müde und erfüllt nach Hause kommen, stellt sich auch hier das befriedigende Gefühl ein, etwas für Körper und Seele getan zu haben.

Sonnenaufgang am Weihnachtsmorgen

Ja, das ist es, was meine Sehnsucht braucht. Freiheit für die Seele, wie ein Vogel hoch hinauf zu steigen, aber mit dem festen, felsigen Boden unter meinen Füssen, der mich erdet. Hast du auch so einen Sehnsuchtsort, der dich glücklich macht?

Raus mit der Geschichte, am Elbhang,

„… und wurde zerstört.“ Das ist der letzte Teilsatz auf einem unscheinbaren Schild im Wald, das darauf hinweist, dass dort früher eine Burg gestanden hat. Bei meinem gemütlichen Spaziergang im Wald wäre ich fast darüber gestolpert. Ich bin neugierig und folge dem ausgetretenen Trampelpfad, der an dem Schild vorbei führt.

„Wow!“ Ich bin begeistert von dem was ich sehe. Vor meinem inneren Augen nämlich. Von außen ist nichts als ein viereckiger, mit Gras bewachsener Platz zu sehen. Dieser Platz ist auf einer Seite mit Holzstämmen abgesperrt auf dem ebenfalls ein Schild angebracht ist. „Vorsicht Lebensgefahr“ steht da. Baumhoch geht es direkt vor mir in die Tiefe. Dort rauscht der Strom, der gerade Hochwasser trägt. Und auf der anderen Seite des Stromes kann man bis weit ins Land hinein sehen.

Nun rattert es in meinem Gehirn. Wie im Kino läuft in mir ein Film ab, der Antworten gibt zu den Fragen, die ich mir stelle. Wer hat auf dieser Burg gewohnt, als sie zerstört wurde? Wie viele Menschen lebten da? Wer hat die Zerstörung angeordnet? Aus welchem Grund? Hat jemand dieses Desaster überlebt? Wie hat dieser Jemand den Verlust von den Menschen um sich herum verarbeitet? Was waren das für Menschen? Hatten die Partner und oder Kinder? Wie fühlten die Menschen sich kurz vor der Zerstörung? Wie haben sie gelebt?

Mein Kopfkino beantwortet Frage für Frage und formuliert eine Geschichte. Eine Geschichte zu der Geschichte, die ganz emotionslos auf diesem beiläufig am Wegrand entdeckten Schild gestanden hat. In meinem Kopf lebt sie.

Jetzt will sie raus aus meinem Kopf. Sonst platzt er. Fühlt sich jedenfalls so an.

Und dann schreibe ich. Und schreibe. Und schreibe …

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Dieser Beitrag ist entstanden im Rahmen von Annas Blogparade „Schreiben über das Schreiben.“ Schreibst du auch? Mach doch einfach bei der Blogparade mit.

Blogparade-Zuhause

Für jede und jeden von uns bedeutet das Wort „Zuhause“ etwas anderes. Manche Menschen denken dabei an ein Land oder eine Landschaft, manche an einen Ort und manche Menschen an etwas ganz anderes. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass noch nicht einmal Geschwister, die zusammen aufgewachsen sind, mit dem Wort „Zuhause“ dasselbe verbinden. Es gibt wohl Überschneidungen, aber es ist nie ganz gleich.

Tief in uns tragen wir ein Bild, das an die Oberfläche kommt, wenn wir auf unser Zuhause angesprochen werden. Und dieses Bild ist angereichert mit Geschichten, die wir davon erzählen können. Es rührt an unseren Gefühlen. Es macht etwas mit uns.

Zuhause. Erzähle doch von deinem Zuhause und zeichne mit Worten das Bild, das bei dir an die Oberfläche kommt, wenn du an dein Zuhause denkst.

Beteilige dich einfach an meiner Blogparade.

Du musst dazu keine 1000 Wörter schreiben. Wenn deine Geschichte fertig ist, ist sie fertig. Und wenn es dir ein Bedürfnis ist, dich mit einem Foto-Beitrag zu beteiligen, dann kannst du das selbstverständlich auch tun.

Was auch immer dir einfällt und was du zeigen möchtest, mach es einfach. Dein Beitrag wird die Blogparade bereichern.

Ich lade dich hiermit ganz herzlich ein, dich an meiner Blogparade zu beteiligen. Das Thema lautet:

Wo ich mich zu Hause fühle.

Und so funktioniert die Blogparade:

1.Schreiben

Du schreibst einen Blogartikel zum Thema „Wo ich mich zu Hause fühle“. Lass das Thema einfach auf dich wirken und schreibe, was kommt. Solltest du keinen eigenen Blog haben, kannst du auch einen Text als Kommentar verfassen.

2.Verlinken

In deinem geschriebenen Blogartikel erwähnst du meine Blogparade und verlinkst auf diesen Artikel. So können viele Leute davon erfahren und mitmachen.

3.Kommentieren

Anschließend kommentierst du hier im Kommentarfeld und verlinkst deinen Beitrag zum Thema.

4.Teilen

Wenn du deinen Artikel in den Sozialen Medien teilst, erwähne diese Blogparade (und mich) ganz im Sinne des Networking. Lieben Dank.

Ende der Blogparade ist Mittwoch, der 20. März 2024

Kurz nach Ende der Blogparade fasse ich dann alle Beiträge in einem Artikel zusammen. Natürlich mit Link zum ganzen Beitrag.

Du hast schon eine Idee? Lege einfach los. Ich freue mich über deinen einzigartigen Beitrag zu deinem Zuhause.

Selbstschokolierung

Nein! Nein und nochmals nein. Ich kann das nicht!

Was denn?, fragst du.

Und ich antworte:

Mich selbst belohnen.

Und du fragst dann zurück: „Wo ist denn dein Problem?“

Tja. Und dann muss ich dir etwas ausführlicher von mir erzählen.

Ich gehöre zu den Menschen, die ständig etwas machen müssen und sich selten Ruhe gönnen. Und wenn ich mir Ruhe gönne, dann habe ich ein schlechtes Gewissen. Dumm, aber wahr.

Nun habe ich in meinem Leben schon wahrlich sehr viele Projekte gut vorangebracht und die allermeisten davon auch erfolgreich beendet. Nur ein Problem habe ich dabei. Ich schaffe es nicht, mich selbst zu belohnen.

Ich habe es versucht mit Schokolade. Hmmmm. Die schmeckt mir zwar, aber die hat die schreckliche Eigenschaft, sich bei mir als Hüftgold anzusammeln.

Ich habe es versucht mit Essen gehen, um mich ein bisschen vom Kochen zu entlasten. Das hat aber leider denselben Effekt wie Schokolade.

Ich habe es versucht mit kleinen Ausflügen an Orte, die ich interessant finde. Oder mit schönen Musicals oder Konzerten. Das macht mir zwar Spaß, aber alleine ist die Freude nur halb so groß.

Ich habe es versucht mit einem entspannenden Duftbad, einem Saunabesuch, oder sogar mit einem ganztägigen Wellnesstag. Das wirkt in dem Moment, ist aber verflogen, sobald es vorbei ist.

Natürlich habe ich dabei immer versucht im Hier und Jetzt zu leben. Klar. Sonst hätte ich es ja schon längst vergessen und es wäre noch nicht mal eine Erinnerung daran zurück geblieben.

Du denkst jetzt bestimmt: Das ist ein echtes Dilemma. Und du hast recht. Denn:

Wenn ich eine wirklich tolle Belohnung gefunden habe,

dann möchte ich sie mit einem anderen Menschen teilen.

Am liebsten natürlich mit meinen Lieblingsmenschen. Aber auch andere Menschen, mit denen ich in einer guten und wertschätzenden Verbindung stehe, kommen in Frage.

So. Und damit bin ich beim zweiten Dilemma, das aus dem ersten entsteht. Ich kann doch meine Lieblingsmenschen nicht dazu zwingen, mit mir gemeinsam meine Belohnung zu erleben! Das würde sich für mich anfühlen, wie wenn ich meine Wünsche auf meine Lieblingsmenschen aufdrücke. Für eine liebevolle und vertrauensvolle Beziehung wäre das für mich kontraproduktiv.

Wie kann ich mich also selbst gut belohnen, ohne dass sich die Belohnung wie eine Katze selbst in den Schwanz beißt?

Hast du einen guten Tipp für mich? Schreibe ihn doch gerne als Kommentar.

Legohaus

Ich lasse mich auf meinen Sessel plumsen. Dass es plötzlich ganz einfach war, das hätte ich mir nicht im Traum einfallen lassen. Jetzt hatte ich ihn. Meinen eigenen Raum. Meinen eigenen Kreativraum.

Angesprungen hatte mich der Traum schon in meiner jungen Teenagerzeit. Ich hatte die Angewohnheit, mich auf dem Tisch auszubreiten. Das war zum Beispiel immer dann, wenn ich Hausaufgaben machte, oder mich mit irgendetwas interessantem beschäftigte. Aber wenn ich mich im Raum ausbreitete, war er für andere Menschen belegt. Und das war ein Problem für die anderen der Familie. Familie, das waren meine Eltern, meine vier Geschwistern und ich und unsere Oma. Warum sollte also ausgerechnet ich als Zweitgeborene Anspruch auf einen eigenen Raum erheben? Pustekuchen. Zuvor mussten auch die Bedürfnisse aller anderen Hausbewohner berücksichtigt werden.

Der Verzicht auf einen eigenen Raum war für mich eigentlich gar nicht schwer. Ich konnte mich ja draußen in der Natur ausbreiten und fand das auch sehr schön. Wenn ich mich im Haus am großen Familientisch ausgebreitet hatte, musste ich eben meine Sachen immer wieder aufräumen. Das Lustige an diesem Aufräumen war, dass ich lernte, meine eigene Ordnung zu finden und zu halten.

Als ich geheiratet habe, war mir zu Beginn ein eigener Raum gar nicht so wichtig. Immer nahe beieinander zu sein schien mir damals kein Problem. Jung, verliebt und voller Träume … Die Wohnungen, die wir dann so nacheinander hatten, wuchsen mit den familiären Umständen, wie man das damals so schön gesagt hat. Praktisch war das einfach, dass wir mit der Zahl der Kinder, die nacheinander kamen, unsere Wohnung entsprechend vergrößert haben. Nur für mich selbst gab es keinen eigenen Raum. Wozu auch. Ich war mit unseren 4 Töchtern beschäftigt, die mich, als sie klein waren, ganz schön auf Trab hielten.

Als es dann wirklich eng wurde, beschlossen mein Mann und ich, uns ein Haus mit kleinem Garten zu kaufen. Das Haus durfte aber nur so groß sein, dass wir uns das auch leisten konnten. Und so war das „Zünglein an der Waage“ ein Raum, den ich gerne für mich alleine gehabt hätte. Aus der Traum. Zumindest für viele Jahre.

Aber auch hier nahm ich als Alternative die Natur in Anspruch um mich auszubreiten. Dazu hatten wir sogar einen Hund in der Kinder- und Jugendlichenphase unserer Töchter. Und unsere Mädchen hatten je ein eigenes Zimmer. Sie sollten sich doch entfalten können und ihren eigenen Raum so nutzen, wie es ihnen gefiel. Das war mir jedenfalls wichtig, und so verzichtete ich. Nicht immer gerne. Aber meistens.

In unserer WG gehörten mir eigentlich mehrere Räume. Die Küche, der Hauswirtschaftsraum und der große Wohn- und Essbereich. Ich konnte hier schalten und walten, wie ich wollte. Kochen, putzen, waschen, aufräumen, dekorieren, umräumen, und so weiter. Alles für die Familie. Wer sagt denn, dass man dabei nicht kreativ sein kann und sich entfalten?

😉

Natürlich niemand. Es wollen ja alle schön haben um sich herum. Nur ein bisschen hat mir mein eigener Raum gefehlt. Nämlich dann, wenn ich mich vom Trubel des Familienalltages zurückziehen wollte. Manches Mal dachte ich: Hätte ich doch …, dann könnte ich … Aber es war nicht so und deshalb nahm ich es so.

Als sich dann die Älteste so langsam anschickte wegen ihrer Berufsausbildung auszuziehen und die Zweite ein Auslandsjahr anvisierte, sah ich meinen Traum fast in greifbarer Nähe. Ich begann Ideen zu sammeln und Pläne zu machen. Und dann stand ein Umzug an. Das Schicksal hatte Roulette gespielt.

Am neuen Ort, im neuen Haus, sah ich dann meinen Raum. Klein, fein und hell. Den könnte ich ganz alleine für mich herrichten, schoss es mir durch den Kopf. So wie ich es gerne wollte. Also plante ich. Welche Tapete passte zu mir? Was würde dem Raum die richtige Atmosphäre geben? Welches Möbel stellte ich hinein? Ich war glücklich und bald darauf war der Raum fertig, damit ich einziehen und mich darin wohl fühlen konnte.

Der Gedanke war noch nicht in die Tat umgesetzt, da legte sich ein „Notfall“ vor unsere Haustüre. Ein Mann aus der Bekanntschaft fragte an, ob er bei uns wohnen könne, bis er was Neues gefunden hätte. Seine Frau habe ihn rausgeschmissen, so seine Aussage. Naja. Der Platz ist noch frei und für eine Weile wird es schon gehen. Zähneknirschend legte ich meinen Traum wieder auf Eis. Aber der „arme Mann“ blockierte länger als ich gedacht hatte, meinen Raum. Nach weit mehr als einem Jahr, war er, wie durch ein Wunder, endlich weg. Aber dann gefiel mir mein Raum nicht mehr. Er hatte den Geruch und die Aura des Mannes, der mir nach so langer, dreister Inanspruchnahme meines Raumes durchaus nicht mehr sympathisch war. Ich wollte den Raum wieder anders gestalten.

Und dann kam die nette Dame. Sie brauchte unbedingt einen Platz für ihre Umzugskartons. Sie hatte in eine kleinere Wohnung umziehen müssen und konnte nicht alles unterbringen. Dumm und gutmütig sagte ich ja, weil ich dachte, dass das nicht lange dauern würde. Und Schwups. Im Handumdrehen war mein Raum wieder belegt. Dass diese Umzugskartons erst nach mehr als fünf Jahren wieder abgeholt wurden, das wurmte mich gewaltig. Immer, wenn ich meinen Raum betrat, der jetzt zu einer Abstellkammer verkommen war, überkam mich Wut und Zorn.

Wann würde ich endlich meinen eigenen Raum bekommen? Würde ich immer so naiv und dumm sein und „bedürftige“ Menschen in meinen Raum reinlassen?

Unsere Kinder waren längst alle aus dem Haus, und es müsste doch möglich sein, jetzt endlich … Ich begann vorsichtig zu planen und sah vor meinem inneren Auge, wie es werden würde.

Da warf mir das Schicksal eine neue Aufgabe zu. Ein Angehöriger durfte gepflegt werden. Nun waren sowohl meine räumlichen als auch meine zeitlichen Ressourcen gebunden. Traurig gab ich meinen Traum vom eigenen Raum auf. Dann eben jetzt nicht, dachte ich. Wer weiß, wie lange das dauert.

Überraschend schnell starb dann der Angehörige. Damit hätte ich nicht gerechnet. Aber es machte mir den Weg frei, meinen eigenen Raum doch noch zu gestalten. Nach einiger Zeit kramte ich meine Pläne wieder hervor und machte mich an die Arbeit. Tapeten, Kleister und Farbe besorgen. Gardinen für das Südfenster. Und Möbel, die nur mir gefielen und meinem Ordnungs- und Schönheitssinn entsprachen. Einige Tage war ich von morgens bis abends beschäftigt und bewegte mich im Arbeitskittel eines Malers.

Dann endlich wurde mein Raum fertig und ich konnte „einziehen“. Nach fast 50 Jahren hatte sich mein Traum erfüllt. Das Warten darauf war schwerer, als die Arbeit des Renovierens. Aber es hat sich gelohnt.

Von meinem Sessel aus blicke ich in den Raum. Hier fühle ich mich wohl. Hier will ich bleiben und mich entfalten. Kreativ entfalten. Und wenn jetzt noch jemand kommt, der meint, mir meinen Raum abspenstig zu machen, dann bekommt er von mir einen Tritt, dass er wieder hinausfliegt. Gut. Vielleicht auch nicht. Aber ich habe mir vorgenommen, dieses Mal meinen eigenen Raum zu verteidigen mit allen meinen Mitteln. Vielleicht ist das ja einfacher, als ich denke.

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Hast du dir auch einmal einen Traum erfüllt, auf den du sehr lange warten musstest, bis es plötzlich ganz einfach wurde? Schreib mir doch gerne einen Kommentar.

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Bei der Blognacht mit Anna Koschinski war ich kreativ. In meinem Raum.

Kerstin Steinkamp hat zur Blogparade mit dem Thema „Leeres Nest – Fluch oder Segen“ eingeladen. Durch das leere Nest ist mein Kreativraum entstanden.

Grüße aus Helgoland

Die fast erblindete Maartje hält die Postkarte von Helgoland in ihrer Hand. Hier in der grauen Stadt am Meer fühlt sie sich nur mäßig wohl. Ihr Zuhause ist Helgoland. Dort wo die Lange Anna wie ein roter Pfahl fast 50 Meter direkt aus dem Nordseewasser ragt. Dort, wo tausende von Basstölpeln in der steilen Felswand nisten. Tief in sich hört sie noch das laute Gekreische und Geschnatter der großen Möwenvögel.

Maartje hält sich die Karte nahe an die Augen. Millimeter für Millimeter bewegt sie sie von rechts nach links. Da sind die Hummerbuden mit ihren bunten Fassaden und der weithin sichtbare Leuchtturm. Auch das James-Krüss-Museum ist abgebildet. Maartje weiß wie es dort aussieht und kennt auch die schöne Geschichte von Timm Thaler. Jede Kleinigkeit auf der Postkarte bringt ihr die Heimat ins Herz.

Ganz links auf der Karte ist ein Bild vom Hafen und dem Inselbähnchen. Und da ist das Schild. Sie weiß dass dort der § 50 aus der StVO zitiert ist. Sie verzieht ihre Mundwinkel zu einem schadenfreudigen Lächeln. Ihre Gedanken gehen zurück in ihre aktive Zeit.

Damals war alles auf Umbruch und Neuaufbau fixiert. Sie nicht. Sie war schon immer eine Querulantin. Ihr größter Wunsch war es, ihre Heimat Helgoland so zu erhalten, wie es immer war. Das war der Grund, warum sie in die konservative Partei eintrat. Als sie dann noch in die kommunale Politik gerufen wurde, passte das damals ganz gut ihr Lebenskonzept. Nur wie dann ausgerechnet der Gesetzesentwurf für die Straßenverkehrsordnung auf ihren Tisch kam, das war ihr bis heute ein Rätsel. Aber es war so. Und als die Verordnung dann gültig wurde, war es sogar genau die Formulierung, die sie vorgeschlagen hatte.

Maartje legt die Karte auf das Tischchen vor sich zurück und lacht leise in sich hinein. „Ich werde gehen. Aber ich habe meine Spuren hinterlassen. Auch wenn ich schon lange nicht mehr da bin und niemand mehr etwas von mir weiß. Helgoland wird immer etwas Besonderes bleiben.“

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Wie hinterlässt du deine Spuren im Leben? Ich freue mich, wenn du es mich in einem Kommentar wissen lässt.

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P.S. Vielen Dank an den Fotografen © Martin Elsen und dem Helgoland Tourismus-Service für die freundliche Überlassung des wunderschönen Fotos der Langen Anna.

Edith schreibt

Klein Edith sitzt ganz vorne in der ersten Reihe der Schulbänke. Die Lehrerin hat das so bestimmt. Vorne an der Tafel stehen Buchstaben. Die sollen fein säuberlich mit dem Bleistift in das Heft übertragen werden. Schwer liegt die Hand von Klein Edith auf dem Tisch und die Finger krallen sich um den Bleistift. Obwohl die Linien im Heft schon vorgezeichnet sind, kann Klein Edith die Buchstaben nicht hundertprozentig genau nachschreiben. Oft bekommt sie zu hören: „Das hast du nicht so schön gemacht. Mach es noch einmal.“

Klein Edith stöhnt und schreibt. Sie spürt am eigenen Leib, dass noch kein Meister vom Himmel gefallen ist. Von ihrem liebevollen Vater aber lernt sie eine Eselsbrücke, mit der dann so manche Übungsstunde versüßt wird. Sie lautet: Auf, ab, auf. Pünktchen drauf. Und so lernt Klein Edith nicht nur das kleine i in Schreibschrift, sondern im Laufe der ersten Klasse alle Buchstaben des Alphabeths. Noch krakelt sie etwas auf den Heftseiten herum, aber die erste große Hürde des Schreibenlernens ist geschafft.

Mit 16 Jahren sitzt Edith wieder in der ersten Reihe in einem Klassenzimmer und lernt schreiben. Dieses Mal eine ganz neue Schrift, die man Kurzschrift nennt. Auch jetzt sind die Linien im Heft vorgegeben. Es kommt sehr auf die Genauigkeit an, denn je nach dem, auf welcher Linie sich ein Zeichen befindet, ist die Bedeutung des geschriebenen Wortes anders. Es heißt für Edith also, wie in der ersten Klasse, oft zu üben und zu wiederholen. Der i-Punkt, auf den sie in der ersten Klasse so viel Wert legen musste, bedeutet jetzt ein ganzes Wort.

Ungefähr ein Jahr dauert es, bis Edith die meisten Zeichen und Kürzel der Kurzschrift schreiben kann. Und jetzt kommt es auf die Schnelligkeit an. Hui, wie macht das Spaß zu sehen, wie der Bleistift über das Papier fliegt.

Dreißig Jahre später sitzt Edith an einem kleinen Einzeltisch in einem großen Lehrsaal. Rechts und links neben ihr sitzen Kandidaten, die dasselbe vorhaben. Vor ihr liegen lose Blätter mit Linien, auf denen sie demnächst repetiert, was sie gelernt hat. Nach vier Jahren Weiterbildung für das Abitur über Fernschule ist heute die Deutschprüfung an der Reihe. Als sie die Aufgabenstellung liest, schmunzelt sie. Es ist ein gutes Thema. Darüber lässt sich etwas schreiben.

Und dann scheibt sie was das Zeug hält. Es fließt und fließt. Nach drei Stunden gibt sie ab und glaubt daran, dass ihre geleistete Arbeit gut bewertet wird.

Auch heute sitzt Edith vor einem linierten Block und schreibt. Obwohl man doch heutzutage alles in den Computer schreibt. Aber Edith liebt es, mit dem Bleistift auf liniertes Papier zu schreiben. Das Kratzen auf dem Papier ist wie angenehme Hintergrundmusik, bei der sie ihre Gedanken und Ideen einfach vom Kopf durch die Hand auf das Papier fließen lassen kann.

Und so entsteht manche Geschichte, manches Gedicht oder auch mancher Blogbeitrag. Besonders gerne schreibt Edith in der Blognacht mit Anna Koschinski und anderen bekannten und unbekannten Schreiberlingen. Mit jedem entstandenen Werk stellt sie fest, dass sie das Schreiben nicht mehr lassen kann. Es ist eine heimliche Hoffnung in ihr, dass sich das Sprichwort bewahrheitet: Wer schreibt, der bleibt.

Schreibst du auch gerne? Verrate mir doch in einem Kommentar, was du schreibst.