Notiz in der Tageszeitung:

Nagold über die Ufer getreten. Sparkasse Calw muss Geld in Sicherheit bringen.

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Ich saß auf einem harten Hocker an einem wuchtigen Tisch. Durch das kleine, vergitterte Fester in etwa 3 ½ Meter Höhe drang kaum Licht, obwohl es hellichter Tag war. An zwei von vier Wänden aus grauem Beton waren graubraune Jutesäcke mit der Aufschrift „Bundesbank“ bis fast zur Decke gestapelt. Dort waren Scheine drin. Das war mir bekannt. Ich fragte mich, wer das so geschickt gemacht hatte, damit die Säcke nicht herunterfielen, aber ich konnte es mir nicht vorstellen. Es gab zu viele Kandidaten, die dafür hätten verantwortlich kein können.

Mein Auftraggeber hatte mir zur diffusen Neonlampe an der Decke noch eine helle Lampe auf den Tisch gestellt. Links neben mir lagen feine Papierblättchen mit den Maßen 10 mal 10 Zentimeter in unterschiedlichen Farben. Rosa, hellblau, hellgrün und zartgelb. Direkt vor mit stand, leicht angeschrägt, die Inkiess-Kasse. Hier sollte ich das Kleingeld hineinsortieren, das rechts neben mir wild durcheinander auf einem großen Haufen lag.

Ich griff in den Haufen neben mir und sortierte. Von einem Pfennig bis zu zwei Mark war alles dabei. Wenn die Anzahl der Münzen eine bestimmte Markierung erreicht hatte, zog ich von links ein Papierblättchen mit entsprechender Aufschrift. Mit zwei Fingern nahm ich dann die Münzen aus der Inkiess-Kasse heraus und legte sie auf das Papierblättchen. Dann noch kurz richtig ausjustieren, die Ecken korrekt einknicken und in den „Fertig“-Korb legen, der auf einem Hocker neben dem meinen stand.

Vier Stunden sollte meine Schicht dauern. Dann würde ich abgelöst werden. Ich schaute auf die Uhr, die über der Tür hing. Diese war verschlossen und nur mit mehreren Zahlencodes von außen zu öffnen. Bevor ich hierher geschickt worden war, hatte ich meine Unterschrift hinterlegen müssen. Man musste doch wissen, wen man belangen konnte, wenn etwas nicht ordentlich gemacht war. Geldsache ist Vertrauenssache. Ich wollte mich als vertrauenswürdig beweisen und arbeitete gewissenhaft. Als die Konzentration nachließ, wurde ich langsamer. Es sollte mir kein Fehler passieren.

Endlich war Schichtwechsel. Von außen wurde die Tür geöffnet. Ich nahm den Korb mit meinen fertigen Kleingeldrollen und überließ den harten Hocker meiner Nachfolgerin, die ihren eigenen Korb mitgebracht hatte. Dann fiel für mich die Tür von außen ins Schloss. Im Vorraum kam mir mein Auftraggeber entgegen und nahm mir meinen Korb ab. „Sag mal Fräulein, was hast du da drin eigentlich gemacht? Geschlafen? Die Anderen machen mindestend doppelt oder dreimal so viel.“

Ich konnte und wollte nicht antworten, denn ein dicker Kloß steckte in meinem Hals. Mit gesenktem Kopf entfernte ich mich so schnell wie möglich in Richtung Toilette. Dort weinte ich mich erst mal aus und wusch meine Hände. Meine emotionale Befindlichkeit war durch das Eingesperrtsein im Tresor und der Abstrafung meines Auftraggebers nicht gerade im Gleichgewicht. Auch das Kleingeld, das ich sortieren und eingerollen musste, hatte seine Spuren hinterlassen. Durch den Schmodder des Hochwassers hatte es einen Geruch angenommen, dessen Ekligkeit ich erst nach vielem Händewaschen etwas abmildern konnte.

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Musstest du auch schon einmal eine Aufgabe übernehmen, die dir im wahrsten Sinne des Wortes „gestunken“ hat? Erzähle es mir doch gerne in einem Kommentar.

Veronika saß in ihrem kleinen Mansardenzimmer und hielt seinen Brief in der Hand. Durch das schräge Dachfenster hatte sie einen weiten Blick über die Stadt. Obwohl sie nicht in der Schweiz wohnte, konnte sie die hohen Berggipfel drüben auf der anderen Rheinseite sehen. Sie war gerne hier.

Ihre Gedanken gingen zurück in die Zeit vor drei Jahren. Damals war sie einfach dem Ruf ihrer Freundin gefolgt und aus der fast nördlichsten Stadt Deutschlands nach hierher gekommen. Das Reisegeld für den Zug hatte sie sich hart erspart und als sie ankam, wusste sie, dass es kein Weg mehr zurück für sie geben würde.

Dann hatte sie die gute Stelle als Sekretärin bekommen. Ihre Chefs waren nett zu ihr und an Arbeit mangelte es nicht. Durch den Verdienst hatte sie sich eine gute Summe ansparen können. Es fehlte ihr an nichts. Noch nicht mal einen Mann vermisste sie in ihrem Leben, auch wenn sie jetzt schon auf die 27 Jahre zuging. Obwohl. Das stimmte nicht ganz. Sie blickte auf den Brief in ihrer Hand. Er war von Bernhard. Ein zartes Kribbeln ging ihr durch den Bauch. „Vielleicht doch?“ Veronika war sich noch nicht sicher. Sie wollte noch ein wenig darüber nachdenken. Dann las sie den Brief.

Liebe Veronika!

Nun bin ich schon wieder einige Zeit zu Hause und bei meiner Arbeit in unserem großen Unternehmen. Du fehlst mir. Der Abschied von dir fiel mir nicht leicht, als du mich schon den zweiten Sommer von dir gehen ließest. Manchmal dachte ich schon, ich würde ein bisschen Liebe deinerseits in deinen Augen lesen, aber dann war ich mir wieder nicht sicher. Du kannst deine Gefühle so gut verbergen. Und du gehst so gerade deinen Weg. Deine Prinzipien stößt du nicht um.

Erinnerst du dich nicht auch gerne an unsere gemeinsamen Wanderungen in die Berge? Ich sehe dich noch vor mir. Groß und aufrecht gingst du neben mir her. Oft zeigtest du mir irgendetwas, was dir auffiel. Du gingst immer mit offenen Augen durch die Welt und bemerktest auch viele Kleinigkeiten. Und was du zu verschiedenen Dingen alles wusstest. Immer wieder konnte ich dein großes Allgemeinwissen bewundern, das du dir durch das viele Lesen von Fachbüchern angeeignet hattest.

Oder weißt du noch, wie ich dich überreden wollte, dass ich dich abends in deinem Zimmer besuchen durfte? Ganz leise habe ich an der Wand gekratzt, hinter der du in deinem Bett lagst. Ich wollte so gerne zu dir kommen, aber du bliebst stark und hast abgelehnt. Vor lauter Traurigkeit konnte ich an diesem Abend fast nicht einschlafen. Und am nächsten Tag war auch schon wieder der Abschiedstag gekommen, an dem ich wieder nach Hause fahren musste.

Liebe Veronika. Von dir bis zu mir ist ein langer Weg. Mit dem Zug dauert es einen ganzen Tag. Das ist so lange. Ich möchte dich gerne für immer bei mir haben. Willst du mich heiraten?

Bernhards verschnörkelte Unterschrift beendete den Brief. Veronika legte ihn wieder auf ihren Schoß und schaute in die Ferne. Es war für sie nicht einfach, eine Entscheidung zu treffen. Was würde sich alles ändern, wenn sie Bernhard heiraten würde? War sie bereit dazu? Lange hörte sie in sich hinein und wog alle Argumente gegeneinander ab. Dann fiel die Entscheidung zu seinen Gunsten.

Veronika seufzte tief. Es würde ihr schwerfallen, hier weg zu gehen. Aber es würde mit Bernhard auch gut gehen. Er war ein lieber, zuverlässiger und treuer Mann. Bei ihm würde sie es gut haben. Sie drehte sich von ihrem Dachfenster um und schaute in den Raum. Auf dem kleinen Tischchen neben ihrem Bett lag nettes Briefpapier und ein Stift. Sie würde ihm jetzt gleich ihre Antwort schreiben.

Ganz herzliche Dank an Veronika (Name geändert), dir mir die Erlaubnis gegeben hat, die Geschichte ihres Heiratsantrags aufzuschreiben.

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Hast du auch einen besonderen Antrag bekommen? Schreibe es mir doch gerne in einen Kommentar.

Auto im Schnee

„Ob wir heute wohl noch Schnee bekommen?“ Ich schaue auf den mit dicken Wolken verhangenen Himmel. „Kann sein. Wir fahren ja immerhin ins Allgäu. Bis wir dort sind ist noch allerhand möglich.“

Ruhig und konzentriert sitzt mein Mann am Steuer. Die Autobahn ist wie immer am Freitagnachmittag ziemlich voll. Das Radiogeräusch plätschert leise an unseren Ohren vorbei. Nur bei den Verkehrsnachrichten hören wir genau zu. Es könnte sein, dass wir noch in einen Stau kommen. Der Boden ist kalt und langsam setzt leichter Nieselregen ein.

„Das sieht nicht gut aus.“ Mein Mann kommentiert damit einen schlingernden LKW vor uns. Ich ziehe die Luft durch die Zähne und verkrampfe meine Hände. Dann sind wir auf der linken Spur endlich an dem LKW vorbei. „Es fährt sich wie auf rohen Eiern. Es ist teilweise Bodenfrost. Am besten fahre ich doch etwas langsamer und bleibe auf der rechten Spur.“ Als er eingeschert ist, löst sich meine Verkrampfung wieder und ich atme tief aus. „Bei dem Wetter ist es nicht ganz ungefährlich unterwegs zu sein. Hoffentlich passiert uns nichts.“

Unser Auto frisst die Kilometer und wir sind froh, dass wir rechtzeitig die Winterreifen drauf gemacht haben. Es gibt doch ein kleines bisschen Sicherheit. Nach gut einer Stunde Fahrt fallen die ersten dicken, nassen Schneeflocken. Unsere bisher noch leicht dahinplätschernde Konversation wird immer weniger. Draußen ist es in der Zwischenzeit dunkel geworden.

Wenig später treibt uns ein heftiger Sturm den Schnee entgegen. Abstand zu den Fahrzeugen vor uns wird immer wichtiger. Mein Mann beherrscht souverän das Auto. Ich schaue angestrengt nach vorne, damit ich alle Hinweisschilder erkennen kann. Meiner Aufgabe als Copilotin will ich doch auf jeden Fall gerecht werden. „Noch ungefähr 20 Kilometer, dann müssen wir rausfahren.“

Erleichtert setzt mein Mann den Blinker, als es soweit ist. Jetzt ist noch einige Zeit auf der Landstraße zu fahren. Aber der Sturm heult. Und das Schneetreiben wird immer dichter. Die Anspannung von uns beiden wächst und wir wechseln kaum mehr ein Wort.

„Jetzt rechts abbiegen.“ Ich zeige mit der Hand nach vorne. Mein Mann blinkt und biegt rechts ab. Es poltert. Dann hält er ruckelig an, denn das Antiblokiersystem der Bremsen hat gegriffen. Vor ihm steht ein riesiger Traktor mit Schneepflugaufsatz. Die Scheinwerfer beleuchten unser Auto und uns wie Flutlicht. Wir schauen einander entsetzt an. „Ähm. Warum bist du jetzt schon abgebogen? Ich meinte doch erst die nächste Querstraße.“ „Dann sag das doch gleich richtig. Ich höre doch immer was du sagst.“

Da sehen wir, wie ein großer, stämmiger Mann von dem Traktor heruntersteigt und auf uns zukommt. Sehr angespannt öffnet mein Mann das Autofenster. Er rechnet mit allem. Was wir jedoch zu hören bekommen, ist: „Wenn ihr net zu mir wellat, na miasat er jetzt omdreha on aus meinera Eifahrt wieder nausfahra. Sonscht nemm i eich uf d Schippa.“ (Für Nichtschwaben übersetzt: Wenn ihr nicht zu mir wollt, dann müsst ihr jetzt umdrehen und aus meiner Einfahrt wieder rausfahren. Sonst nehme ich euch auf die Schippe.) Sprichts, dreht sich um und setzt sich wieder auf seinen hohen Traktorsitz.

Erleichtert, dass es nur das ist, und wir beide noch heil sind, legt mein Mann den Rückwärtsgang ein und fährt langsam wieder auf die Straße. „Mach das nie wieder. Ich krieg bei solchen Sachen fast einen Herzinfarkt.“ Fast will ich gekränkt sein, überlege es mir aber anders. Ich will ja nicht bei den Freunden als bockige und beleidigte Ehefrau ankommen. Und seit dieser Zeit wird das Navi bei unseren Autofahrten verwendet. Als Copilotin bin ich wohl doch etwas zu gefährlich.

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Hast du auch schon einmal eine gefährliche Situation beim Autofahren erlebt? Erzähle sie mir gerne in einem Kommentar.

Heute war wieder Blognacht mit Anna. Ich habe das gemeinsame Schreiben mit anderen Bloggern und Bloggerinnen sehr genossen. Und ohne den Impuls wäre diese Geschichte in der Versenkung meiner Erinnerungen verschwunden.

Hähnchenschlegel

Ich pfeife leise vor mich hin. Heute ist Sonntag. Unsere Flitterwochen liegen noch nicht lange zurück. In unserer ersten eigenen Wohnung ist alles neu. Es riecht alles noch so frisch. In der kleinen Kochniesche blitzt noch alles und die Küchengeräte warten auf ihren ersten Einsatz.

Für uns zwei Verliebte habe ich je einen Hähnchenschlegel besorgt. Das soll es zusammen mit Kartoffelpürree und Gemüse heute zum Mittag geben. Aus Erfahrung weiß ich, dass zeitlich die Hänchenschlegel am längsten dauern. Also einfach ein bisschen salzen und würzen und dann in den Backofen mit entsprechender Temperatur.

Aber oweia. Es gibt in der kleinen Küche keinen Backofen. Nur zwei Herdplatten und eine Mikrowelle. Wie mache ich das jetzt mit den Hähnchenschlegel? Das muss doch eigentlich genau so gehen, wie damals zu Hause im Backofen. Hmmm. Im Elternhaus gab es keine Mikrowelle, an der ich hätte lernen können, wie es geht. Egal. Sei es drum. In einer Stunde müssen die Hähnchenschlegel auch in der Mikrowelle gar sein.

Ich schalte an und pfeife weiter. Das wird schön, wenn ich als frisch gebackene Ehefrau meinem Mann das Essen servieren kann. Ich sehe es schon vor mir. Ein leckeres Hähnchenstück auf goldgelbem Kartoffelpürree und buntem Gemüse. Schließlich habe ich ja bei meiner Oma kochen gelernt und bin auf keinen Fall eine blutige Anfängerin, so wie manche andere junge Frau. So ein einfaches Gericht muss doch gut werden. Das ist schließlich nicht schwer.

Mit flinken Händen bereite ich das Gemüse zu und schaue ab und zu einmal in das Türglas der Mikrowelle. Das wird gut. Im Geiste klopfe ich mir auf die Schultern und werkle weiter. Irgendwann zieht ein komischer Geruch durch die kleine Küche. Das riecht wie fertig gegartes Hähnchen. Aber es ist doch erst maximal eine halbe Stunde vorbei. Das kann noch nicht fertig sein!

Ich hole zwei nette Servietten aus dem Schrank und fange an, den Tisch zu decken. „Du Lieber, was magst du gerne trinken? Ich bin demnächst fertig mit den Essen.“ „Egal. Mach was du willst.“ Der Liebe sitzt in der Sofaecke und liest. „Sag mal, was riecht denn da so?“ Er zieht die Nase nach oben. „Ach. Das werden die Hähnchenschlegel sein. Die sind demnächst fertig. So ungefähr in 10 Minuten. Dann können wir essen.“

„Bing“ macht die Mikrowelle und ich weiß, dass die Stunde jetzt um ist und die Hähnchenschlegel fertig sind. Ich öffne und kann erst einmal nichts erkennen. „Autsch!“ Ich ziehe meine Finger zurück. Hätte ich doch die Handschuhe zum Anfassen angezogen. Es brennt wie Feuer. Schnell unter kaltes Wasser und den Schaden so gering wie möglich halten. Dann zweiter Versuch. Ich nehme die Hähnchenschlegel aus der Mikrowelle und sehe die Bescherung. Noch nicht zu 100 Prozent schwarz, aber durch und durch hart. Nach dem Schreck der Verbrennung sitzt mir jetzt ein Kloß im Hals. So habe ich mir das nicht vorgestellt.

Ich versuche das Kartoffelpürree und das Gemüse so nett wie möglich auf den Teller zu drappieren. Geht doch. Aber die Hähnchenschlegel!? Wie sehen die aus!? Ich habe Hunger und traue mich fast nicht, die Teller auf den Tisch zu stellen. „Kommst du?“ Mit zitternder Stimme und Tränen in den Augen bitte ich den Lieben zu Tisch. Er lässt nicht lange auf sich warten. Sein Blick fällt auf den gedeckten Tisch. „Wie hast du das nur gemacht?“ Sein Entsetzen ist nicht zu überhören.

Da bricht der Damm und meine Tränen rollen wie Sturzbäche über meine Wangen. Ich kann es nicht mehr sehen. Auch die Tür zum Badezimmer fast nicht, hinter der ich mich verkrieche und die ich trotzig verschließe. „Voll versemmelt!, klagt mich meine innere Stimme an. „Nichts mit perfekter Haus- und Ehefrau und so. Totale Versagerin.“ Es dauert lange, bis ich alle vorhandenen Tränen ausgeweint habe.

Der Liebe sitzt am Tisch und verspeist genüsslich was auf dem Teller ist. Alles. Bis auf die Knochen. Dann kommt er an die Badezimmertür und klopft. Ich öffne langsam und traue mich gar nicht, ihm in die Augen zu schauen. Ich kuschle mich nur an seine Brust. „Schau mal. Es ist alles aufgegessen. Und es hat ganz besonders geschmeckt. Wie hast du das nur gemacht?“

Endlich setze auch ich mich an den Tisch und sättige mich an meinem Essen. Und als das letzte Krümel in meinem Bauch ist, sind auch die missratenen Hähnchenschlegel nicht mehr so schlimm.

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Ist dir beim Kochen auch einmal ein Malheur passiert, das verheerende Folgen hatte? Schreib es mir doch gerne in einem Kommentar.

Dieser Beitrag entstand in der Blognacht mit Anna beim gemeinsamen Schreiben mit einigen anderen Bloggern und Bloggerinnen. Vielen Dank für die nette Schreibgesellschaft.

Ferien an der Nordsee

„Soll ich auch wirklich nicht mitkommen?“ Kaum hörbar richtet die Mama ihre Frage an den Papa. Sie hat heute Migräne und der Papa möchte ihr deshalb Ruhe gönnen.

„Nein. Ich schaffe das schon.“ Er winkt seinen vier Töchtern im Alter von 9, 7, 5 und 3 Jahren und geht nach draußen. Seine Älteste zupft ihn am Ärmel und flüstert ihm etwas ins Ohr. Papa nickt und deutet auf seine Uhr. Dann zieht er leise die Tür hinter sich zu.

Draußen lärmen schon seine drei anderen Quirlinge und schubsen sich gegenseitig in Richtung Deich. Papa möchte mit den Kindern eine Wattwanderung unternehmen. Sorgfältig behält er die Kinder im Blick und folgt ihnen mit zügigen Schritten.

Schon nach kurzer Zeit stehen sie gemeinsam auf dem Deich und laufen dann dem Meer entgegen. Plötzlich fängt die Dreijährige ein mordsmäßiges Geschrei an. Sofort geht der Papa in die Hocke und fragt, was denn los sei. Aber die Kleine lässt sich erst einmal lange trösten und umarmen. Nachdem der Papa mit seinem Taschentuch die Tränen und die Nase geputzt hat, zeigt die Kleine auf ihre Füße. Ihre feinen Söckchen und weißen Lackschühchen sind patschnass und mit dicken braunen Flecken übersät.

„Ach, das ist nicht so schlimm,“ sagt der Papa und hilft der Kleinen die Schuhe und Socken ausziehen. „Dann gehst du eben barfuß.“ Als Papa sich aus seiner Position wieder erhebt, bemerkt er, dass die Fünfjährige auf eigene Faust weitergegangen ist. Sie ist jetzt nur noch als Pünktchen am Horizont zu erkennen. Papa brüllt den Namen seines Töchterchens gegen den langsam stärker werdenden Wind. Aber er wird nicht gehört.

„Geh du mit der Kleinen zurück zum Deich!“ In Papas Stimme ist ein Befehlston und das siebenjährige Töchterchen nimmt ihre kleine Schwester fest an die Hand. „Wartet dort. Die Große wird bald kommen“ Papas Finger zeigt auf ein kleines Häuschen direkt hinter dem Deich. Dann dreht er sich um und nimmt mit Riesenschritten die Spur der Fünfjährigen auf. Während er die immer voller werdenden Siele überspringt, ruft er immer wieder den Namen der kleinen Ausreißerin. Endlich scheint sie ihn zu hören.

Sie dreht sich um und kommt ihm entgegengelaufen. In ihren Augen steht ein kleines bisschen Angst und der Papa weiß nicht, ob es wegen dem steigenden Wasser ist, oder wegen seiner drohenden Strafpredigt. Aber jetzt ist keine Zeit um viel zu reden. Papa schnappt sich den kleinen Wirbelwind, setzt ihn auf seine Schultern und geht so zügig wie möglich dem Deich am Ufer entgegen.

Gott sei Dank sind die zwei anderen Mädchen dort geblieben, wo er sie hingeschickt hat. Papa ist froh. Aber was bekommt er da zu hören? Weil die Kleinste kalte Füße hatte, hat die Siebenjährige ihre Jacke ausgezogen und der Schwester die Füßchen gewärmt. Jetzt steht sie schlotternd und mit Gänsehaut in dem immer stärker werdenden, kalten Wind und jammert.

„Mir ist kalt. Ich hab Hunger.“ Von den Schultern des Papas gerade erst auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht, feixt die Fünfjährige: „Ätsch. Ich war ganz weit draußen.“ Bevor die Mädchen sich zanken können, zeigt der Papa in Richtung des Dorfes. Er sieht seine älteste Tochter kommen und hofft darauf, dass sie vielleicht zwei Jacken anhat, von denen sie eine abgeben könnte.

Glück gehabt. So wie immer, hat sich seine Älteste in Zwiebellook gekleidet. Aber sie macht ein bedenklich trauriges Gesicht. „Was ist?“ Papa fragt neugierig und bringt dadurch auch seine Älteste zum Weinen. „Ich habe den Schlüssel vergessen. Und Mama ist einkaufen gegangen, weil es ihr etwas besser ging.“

Oweia. Was ist da zu tun? Papas Stirn legt sich in tiefe Falten. Er überlegt. „Kommt. Lasst uns nun schnell zurück zu unserer Ferienunterkunft gehen. Es wird sich schon eine Lösung finden.“ In der Zwischenzeit ist der Wind zum Sturm angewachsen und Papa muss fast schreien, damit ihn seine Mädchen hören können. Diese haben sich mit hängenden Köpfen bereits auf den Weg ins Dorf gemacht.

Eine starke Windböe versucht dem Papa den Hut vom Kopf zu reißen. Aber Papa ist schneller und drückt ihn tief ins Gesicht. Nichts wie weiter, denkt er und unterstützt seinen Lauf mit den Armen. Da erhascht eine zweite Windböe Papas Hut. Der fliegt ihm eine kurze Zeit voraus und landet dann auf der schrägen Deichseite landeinwärts. Papa rennt seinem Hut hinterher. Er greift nach ihm und fühlt gleichzeitig, dass er den Halt verliert. Mit voller Wucht setzt es den Papa auf sein Hinterteil.

Stöhnend reibt er sich den Po und brummt in sich hinein, warum es wohl ausgerechnet an dieser Stelle so schmierig und glatt gewesen sein musste. Stolpernd geht er zu seinen Mädchen zurück, die in der Zwischenzeit bei ihrem Zuhause auf Zeit angekommen sind.

Dort steht die Mama in der offenen Tür. „Es hat dir wohl jemand geholfen?“ Papa schaut Mama fragend an. „Ja. Aber es wäre wohl besser gewesen, wenn jemand dir geholfen hätte.“

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Es war wieder #Blognacht mit Anna. Dieses Mal habe ich nicht direkt an diesem Abend mitgeschrieben, weil ich im Urlaub war. Aber ich habe den Impuls in mir bewegt und ihn später zu dieser Geschichte verarbeitet. Sie ist eine Erinnerung an meine Kindheit. Hast du auch eine besondere Ferienerinnerung an deine Kindheit? Schreib sie mir doch gerne in einem Kommentar.

Vögel am blauen Himmel

Er zieht die knarzende Dachbodentreppe herunter und steigt dann hinauf. Warum nisten die Vögel auch an so einer ungeschickten Stelle? Die Nachbarin sagte ihm: „Wenn Sie da nichts gegen machen, werden Sie die nicht mehr los.“ Nur hat sie ihm nicht gesagt, was er dagegen machen könne. Und wie soll er ein Nest entfernen, das zwischen Photovoltaikplatten und Dachziegeln steckt? Von außen ist nicht dran zu kommen. Eine sinnvolle Lösung ist ihm noch nicht eingefallen.

Mit einem tiefen Seufzer erklimmt er die letzte Stufe und zieht den Kopf ein. In der Mitte kann er noch gerade stehen. Wenn er aber einen Schritt nach rechts oder links macht, wird es eng. Unwillkürlich streicht er sich mit der rechten Hand über das Haar und entfernt die Spinnweben, die sich darin verfangen haben.

Tapp, tapp, tapp, tapp, tapp. Er hört sie durch die Ziegel über das Dach trippeln. Mit einem Ruck öffnet er die vordere Dachluke und schaut nach draußen. Noch nicht mal einen Meter entfernt steht sie und schaut ihn mit schwarzen Knopfaugen an. So eine Hakennase habe ich ja noch nie gesehen. Mit einer Handbewegung versucht er, sie zu verscheuchen. Da dreht sie sich um und stolziert den First entlang Richtung Gibel auf der anderen Seite.

Warte du! Er zieht den Kopf ein, schleicht an die hintere Dachluke und öffnet auch diese. Ein Blick hinaus und die Hakennase wird sichtbar. Sie sieht ihn an, dreht sich um und stolziert in die andere Richtung. Aha. Jetzt bist du wieder dort. Warte. Ich komme auch. Er geht wieder zur vorderen Dachluke. Ein Blick nach draußen und was ist dort? Die Hakennase! Na, du. Aber jetzt! Noch bevor er etwas machen kann, dreht sie sich um und nimmt ihren Weg auf dem First wieder auf.

Dieses Mal ist er schneller, denn die mit der Hakennase ist noch nicht da, als er zur hinteren Dachluke rausschaut. Wie sie ihn entdeckt dreht sie wieder um und trippelt zurück. Er auch. Nur nicht auf dem Dach, sondern darunter. Sie: umdrehen und zurücktrippeln, er: zurück zur anderen Dachluke. Es ist wie ein Spiel zwischen ihr und ihm. Die Hakennase scheint daran Spaß zu haben. Wie lange willst du mich eigentlich noch veräppeln? Er bleibt stehen und beobachtet sie. Da hebt sie den Schwanz, lässt eine Hinterlassenschaft fallen und trippelt auf der anderen Dachseite hinunter.

Weg ist sie. Zumindest für heute. Solange, bis er eine Lösung für sein Problem gefunden hat, wird es wohl so bleiben. Doch eins weiß er sicher:

Es ist besser, einen Spatz in der Hand zu haben, als eine Taube mit Hakennase auf dem Dach.

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Hast du auch schon mal ein skurriles Erlebnis mit einem Vogel gehabt? Schreib mir doch gerne einen Kommentar.

Schlafzimmer

Es ist mitten in der Nacht. Nur der Schein des Hauslichtes vom Nachbarn stiehlt sich durch die Ritzen der nicht ganz vollständig zugezogenen Gardinen. Ich öffne meine Augen und kann die grauen Umrisse der bekannten Gegenstände in meinem Schlafzimmer erkennen. Was hat mich so erschreckt, dass ich aufgewacht bin? Wie von alleine schließen sich meine Augenlieder wieder. Ich bin soooo müde.

Aber irgendwie scheint mein Kopf nicht müde zu sein. In Gedanken gehe ich zu jeder Person, die ich liebe und verweile ein wenig. Und weil ich nicht gerade wenige Menschen liebe, verstreichen viele, viele Minuten der Nacht. Mit jedem lieben Menschen, an den ich denke, habe ich die Hoffnung, dass ich bald wieder einschlafen werde.

Zwischendurch drehe ich das Kissen. Mein Kopf fühlt sich vom vielen Denken heiß an. Vielleicht hilft es ja auch, die Decke zu drehen, denke ich, und drehe auch diese um. Dann kuschle ich mich wieder ein und versuche es aufs Neue mit dem Einschlafen. Es klappt nicht. Ich wälze mich von rechts nach links und von links nach rechts. Wie lange, das weiß ich nicht. Ich möchte nicht auf die Uhr schauen und mich dadurch so unter Stress bringen, dass ich erst recht nicht einschlafen kann.

Aus meiner Lebenserfahrung weiß ich, dass ich am besten gute Gedanken denke, damit ich wieder gut einschlafen kann. Doch das ist heute gar nicht so einfach, denn trotz Müdigkeit kommt mein Kopf nicht zur Ruhe. Vielleicht kann ich besser einschlafen, wenn meine Blase leer ist, denke ich, und tapse mit nackten Füßen zur Toilette. Zurück und wieder einkuscheln. Leider habe ich jetzt kalte Füße und kann erst recht nicht wieder einschlafen. Leise krame ich meine Wollsocken hervor und ziehe sie an. Der Schlaf lässt immer noch auf sich warten.

So langsam werde ich sauer auf mich, weil ich immer noch nicht eingeschlafen bin. Die Zeit bis der Wecker klingelt und ich aufstehen muss, wird immer kürzer. Und eins weiß ich ganz genau. Wenn ich nicht genügend Schlaf in der Nacht bekommen habe, ist mein Geduldsfaden am Tag um einiges kürzer. Das spüren natürlich meine Mitmenschen um mich herum, die dafür doch gar nichts können. Ich möchte also dringend jetzt endlich einschlafen. Aber ich will doch Gutes denken, damit ich gut schlafen kann!

Da habe ich eine für mich absolut außergewöhnliche Idee. Es ist etwas, das ich sonst nie tue und für mich völlig fremd ist. Nochmals stehe ich leise auf. Ich hole mir mein Handy und die Kopfhörer dazu. Und dann fällt die Entscheidung, einen Podcast zu hören. Um ganz genau zu sein, der mir nicht mehr ganz fremde Verbindungschaffen-Podcast.

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Kannst du auch nachts manchmal nicht schlafen? Was machst du dann? Schreibe mir doch gerne einen Kommentar.

Stoffherz mit Rosen und Ringen

Langsam knöpft er sein weißes Hemd zu. Heute ist der Tag. Er soll hübsch aussehen, sagen seine Frau und die Kinder. Dabei mag er lieber in Arbeitskleidung gehen. Da fühlt er sich wohler, als in so einem Festtagsanzug. Sein Spiegelbild zeigt ihm einen grauhaarigen, fast glatzköpfigen Mann mit Bierbauchanatz. Skeptisch beäugt er sich und ruckelt die dunkelblaue Anzugshose zurecht. Dann wirft er die Hosenträger über und schnippst sie zu. Eins, zwei, drei, vier. So. Jetzt sitzt die Hose so, wie er es gerne möchte.

Jetzt noch die passende Krawatte. Oder doch lieber eine Fliege? Ach. Wenn schon, dann nehme ich die Krawatte, denkt er und zieht einen schicken Schlips mit zarter, goldener Verzierung aus dem Schrank und legt ihn an. Damit wandern seine Gedanken zu seiner Frau, die ihm die Krawatte zu einem anderen festlichen Anlass mal geschenkt hatte. Sie würde sich zum heutigen Anlass sicher auch sehr hübsch machen. Wo war sie eigentlich? Irgendwo im Haus musste sie doch stecken!

Mit diesem Gedanken schlüpft er in das Sakko und geht ins Bad, um die letzten Schönheitsarbeiten an sich auszuführen. So. Fertig. Jetzt konnte es losgehen.

„Ach, da bist du ja.“ Seine Frau kommt ihm entgegen. Es bleibt ihm fast der Atem weg, so schön ist sie heute. Alles ebenmäßig und wunderbar aufeinander abgestimmt. Sie hakt sich bei ihm ein und gemeinsam gehen sie zur Kirche deren Glocken schon zum Festgottesdienst rufen. Das Portal ist heute mit weißen Rosen und einer goldenen 50 geschmückt. Ja, vor 50 Jahren waren er und seine Frau auch diesen Weg gegangen. Lang, lang war es her. Viele schöne und schwere Stunden hatten er und seine Frau seitdem gemeinsam erlebt.

Er sieht liebevoll auf sie herab und drückt sanft ihren Arm, während sie durch den Mittelgang der Kirche gehen, der rechts und links von Festgästen gesäumt ist. Wie damals. Und wie damals, so ist auch heute ganz vorne ihr gemeinsamer Platz. Nur eines hat sich verändert. Es predigt ein anderer Pfarrer.

Die Kinder gestalten das Programm mit Rückblicken auf die gemeinsamen Ehejahre. In seinen Gedanken kommen und gehen viele Erinnerungsbruchstücke bis der Pfarrer die Kanzel betritt. Nun ist er voll und ganz bei der Sache. Er kennt seinen Trautext genau und auch die übliche Auslegung dazu. Aber was ist denn das? Der Pfarrer liest zwar den Text, legt ihn aber völlig anders aus, als er es gewohnt ist. Fast will er sich darüber ärgern. Dann entscheidet er, es nicht zu tun. In den vielen Jahren seines Lebens hat er gelernt, dass er alleine für seine guten oder schlechten Gedanken zuständig ist.

Als Höhepunkt ist geplant, dass sie sich gegenseitig noch etwas sagen, was sie unbedingt möchten, was der Andere wissen soll. Er weiß schon, dass er zu seiner Frau sagen wird, dass er sie noch immer liebt. Was sie wohl zu ihm sagen wird?

Dann ist es soweit. Sie beide stehen auf und drehen sich einander zu. In diesem Moment blendet er alles um sich herum aus. Jetzt gibt es nur noch ihn und seine Frau. Nachdem er ihr gesagt hat, dass er sie nach so vielen Jahren immer noch liebt, stehen kurz einige Augenblicke des Schweigens zwischen ihnen. Sie atmet tief ein und sagt dann laut und deutlich:

„Du bist das schönste Geschenk, das ich je in meinem Leben bekommen habe.“

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Es war wieder einmal #Blognacht mit Anna. Das ist Zeit für meine Kreativität und die Möglichkeit, über den Impuls nachzudenken, den es in jeder Blognacht gibt. Heute hieß der Impuls: Mein schönstes Geschenk. Dieser Artikel war nicht mein, sondern sein Geschenk. Ich möchte es gerne mit dir teilen. Gibt es für dich auch eine Person, die für dich das schönste Geschenk bedeutet? Ich freue mich über deinen Kommentar.

Arbeitszeitverordnungshinweis

Meistens geht er gerne zur Arbeit. Nur manchmal wundert er sich, wie sich einfache Dinge für manche Kollegin zu großen Problemen stilisieren.

Gestern Abend hatte er mal wieder einen Termin außerhalb seiner Bürozeiten und er bereitete sich entsprechend vor. Das Kundengespräch dauerte länger und ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er 11 Stunden gearbeitet hatte. Für ihn bedeutete das, dass er eine Wiedergutschrift der geleisteten Arbeit verlangen musste, denn durch die im Computer eingegebene Arbeitszeitverordnung wurde ihm mindestens eine Stunde gekürzt.

Er veranlasst deshalb heute gleich die Arbeitszeitkontingentkorrektur.

Die Genehmigung bei seinem Vorgesetzten geht schnell. Dieser weiß ja, dass der Termin wichtig war. Jetzt nur noch die Kollegin aus der Personalabteilung informieren, damit sie die Stunden im Computer wieder gutschreiben kann. Damit es schneller geht, schreibt er eine kurze E-Mail mit folgendem Inhalt:

Liebe Kollegin. Bitte schreibe mir die eine Stunde wieder gut, die gestern bei dem Termin mit dem Kunden entstanden ist. Vielen Dank und liebe Grüße.

Statt eines kurzen: ‚OK. Mach ich,‘ kam folgende Antwort zurück:

Lieber Kollege. Ich erinnere mich, dass ich dir schon so oft gesagt habe, dass du Abends nicht mehr so lange arbeiten sollst. Nicht etwa, weil es dir schaden würde, sondern weil du in dieser letzten Stunde, die wegen der Arbeitszeitverordnung gekürzt wird, nicht versichert bist. Wenn dann etwas passieren würde, würde das ein ganz furchtbar schreckliches Bild auf unseren Arbeitgeber werfen. Mach das in Zukunft nicht mehr! Gruß, die Kollegin.

Beim Lesen dieser Zeilen bleibt ihm vor Überraschung der Mund offen stehen. Die Reaktion der Kollegin ist ihm unverständlich. Er greift deshalb in die Tastatur und formuliert eine Antwort.

Liebe Kollegin. Soll ich also in Zukunft, wenn ich bei einem Kunden bin, immer auf die Uhr schauen und das Gespräch dann mit dem Hinweis auf die Arbeitszeitverordnung sofort beenden? Gruß, der Kollege.

Er meint zwar, dass man den ironischen Unterton in seiner Frage lesen könne, aber dem ist nicht der Fall. Die Antwort kommt dann prompt.

Nein, lieber Kollege. Natürlich sollst du das nicht machen. Aber dann arbeitest du eben am Tag weniger, wenn du abends einen Termin hast. Gruß

Als er das liest, entgleisen ihm die Gesichtszüge. Ihm fällt deshalb nur eine Erwiderung ein und die lautet: „Jawoll, liebe Kollegin.“

Und insgeheim denkt er: So werde ich das in Zukunft wohl machen. Aber dann wird sich die Kollegin schön wundern, wenn ich im Büro nicht mehr anwesend bin. Für meine Termine interessiert sie sich ja keinen Pfifferling.

Nachsatz:

Ein ganz freundlicher Herr hat mit die Fakten zu dieser Geschichte zur Verfügung gestellt und ich durfte mit seinem Einverständnis daraus einen Blogartikel verfassen.

Hast du auch schon einmal eine Konversation gehabt, bei der du hinterher gedacht hast, dass man voll aneinander vorbeigeredet hat? Schreib mir doch gerne einen Kommentar.

Schon lange habe ich mich auf diesen Urlaub gefreut. Eine mir bisher unbekannte Ecke Deutschlands habe ich mir ausgesucht, die gar nicht wirklich weit von unserem Zuhause entfernt ist. Aber über Deutschland brütet seit Wochen eine starke Hitze.

„Wollen wir jetzt fahren, oder warten wir lieber, bis es etwas abgekühlt hat?“ Mein Mann lässt mich laut an seinen Gedanken teilhaben.

„So weit ist es ja nicht“, kontere ich. „Außerdem haben wir ja eine Klimaanlage im Auto. Das wird schon nicht so heiß“.

Ich bin von meinen Worten überzeugt. Aber es wird heiß. Heißer als ich es mir vorgestellt habe. Sogar im klimagekühlten Auto spüre ich wie mir die Schweißtropfen Milimeter für Milimeter an der Wirbelsäule entlang laufen. Als wir ankommen, habe ich das dringende Bedürfnis, mich zu duschen und neue Kleidung anzuziehen.

Gleich nach dem Einchecken in unsere Ferienwohnung inspiziere ich die Dusche von außen. Sie scheint mir etwas klein. Aber ich kann mich ja täuschen. Bei der Hitze ist mit alles egal. Hauptsache ein bisschen warmes Wasser. Fürs duschen mit ganz kaltem Wasser kann ich mich durchaus nicht begeistern.

Es dauert nur wenige Minuten, dann stehe ich im Eva-Kostüm vor der faltbaren Duschkabinentür. Mit Schwung öffne ich und stoße dann einen schrillen Schrei aus.

„Mach die Spinne hier weg! Mach die Spinne weg!“

Total gelassen kommt mein Mann mit einem Lappen um die Ecke. Er steht vollständig angezogen da und grinst vor sich hin. Dann entfernt er sich aus dem kleinen Badezimmer um die Spinne zu entsorgen.

Nun will ich doch endlich duschen. Ich schaue genau in jede untere Ecke, ob sich nicht doch noch so ein achtbeiniges Getier hier befindet, aber sie scheint ein Einzelexemplar gewesen zu sein.

Endlich kann ich die Duschtür schließen und den Hebel fürs Wasser öffnen. Er klemmt ein bisschen und ich versuche es mit etwas mehr Kraft.

„Iiiiih!“ Ein kräftiger Strahl eiskalten Wassers trifft meinen oberen Rücken. Reflexartig mache ich den Hebel sofort wieder zu. Dann nehme ich den Brausekopf von der Wand, damit mir das kein zweites Mal passiert. Wenn schon eiskalt, dann wenigstens nur die Füße.

Jetzt habe ich den Dreh raus, dass nicht so viel Wasser auf einmal kommt. Aber wie bekomme ich warmes Wasser? Ich kann drehen, wie ich will, es kommt keines.

„Dusche ich jetzt mit kaltem Wasser oder lasse ich es ganz sein?“ Während ich noch überlege nimmt mein Körper die Umgebungstemperatur an und es fühlt sich an, als hätte ich schon überall Gänsehaut. Ich möchte einfach nur noch duschen. Also drehe ich mit einem verzweifelten Seufzer das kalte Wasser auf.

Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich jemals so schnell eingeseift und wieder abgeduscht habe. Nichts wie wieder raus. Da rutsche ich aus.

„Aua!“ Ich reibe mir meinen Kopf. Da fällt mein Blick auf ein kleines Schild in der Ecke. Dort steht zu lesen:

Lieber Gast. Bitte drücken Sie diesen roten Knopf etwa eine halbe Stunde bevor Sie duschen möchten. Unser Boiler spendet Ihnen dann gewiss reichlich warmes Wasser. Vielen Dank.

Das hätte ich gerne früher gewusst denke ich und lege einen Waschlappen mit kaltem Wasser auf meinen malträtierten Kopf.

Diese Geschichte wäre heute nicht von mir umgesetzt worden, wenn Anna nicht den Impuls in der Blognacht und meine Tochter nicht die Idee dazu geliefert hätte. Vielen Dank an beide.

Hast du so etwas auch schon mal erlebt? Schreib es mir doch gerne in einem Kommentar.