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„Du kannst alles lernen, wenn du willst.“ Diesen Satz habe ich in meiner Kindheit gehört und ich wusste damals nicht, ob es eine Drohung oder eine Ermutigung war.

Heute weiß ich, dass diese Aussage wahr ist. Denn immer, wenn ich in meinem Leben etwas erreichen wollte, war ich auch willig und bereit dazu, das entsprechende Wissen zu lernen. Häufig war dieses Lernen für mich ein Durchbeißen. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die leicht lernen. Vor allem theoretisches Fachwissen muss ich häufig wiederholen, bis es sitzt.

Meine Schul- und sonstigen Abschlüsse meisterte ich deshalb eher mittelmäßig bis schlecht. Und davon gab es viele. Aber jedes Mal, wenn ich ein Zeugnis in der Hand hielt, das meine Leistungen schwarz auf weiß zeigte, war ich stolz.

Außerhalb des Klassenzimmers habe ich allerdings viel mehr gelernt, als auf der Schulbank. Und genau das möchte Sabine Landua in ihrer Blogparade gerne wissen. Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich das Meiste unbewusst gelernt. Erst im Nachhinein, ist es mir aufgefallen. Vielleicht habe ich auch einiges gelernt was ich noch gar nicht weiß.

Wenn ich jedoch bewusst etwas lernen wollte, dann nutzte ich mein persönliches drei-Schritte-System. 1. beobachten, 2. analysieren, 3. auswerten. Hier zwei Beispiele:

Beispiel 1

Beobachtung:

Ich war eingeladen bei einem Pärchen in meiner Bekanntschaft. Sie unterhielten sich. Was ich hörte waren Beleidigungen und Anschuldigungen in keiner sehr niveauvollen Sprache. Und am Ende jeden Satzes die Ergänzung: „Nicht wahr, Schatz?“ Diese drei Worte trieften vor Verachtung.

Analyse:

Obwohl das Wort „Schatz“ eigentlich positiv ist, wurde es in diesem Kontext zur Erniedrigung des Partners verwendet.

Auswertung:

So will ich das nicht! Das Wort „Schatz“ ist für meine Partnerschaft gestrichen. Es gibt auch Alternativen.

Beispiel 2

Beobachtung:

Ich sitze auf einer Bank der Fußgängerzone einer großen Stadt. Eine große, hübsch gekleidete, sehr kräftige Frau geht wackelnden Ganges zügig an mir vorbei. Etwa eineinhalb Schritte hinter ihr geht ein gebeugter Mann, der vier prall gefüllte Taschen eines bekannten Modegeschäfts trägt. Die Frau redet ununterbrochen und der Mann nickt mit dem Kopf und lässt sie, trotz Schweißperlen auf der Stirn, nicht aus den Augen.

Analyse:

In dieser Beziehung scheint eindeutig die Frau das Sagen zu haben. Der Mann wirkt wie das schleppende Anhängsel.

Auswertung:

So will ich das nicht. Ich möchte in meiner Partnerschaft Gleichrangigkeit haben. Mein Mann soll und darf neben mir gehen. Am liebsten mit Händchen halten.

Wenn ich dann für mich eine Auswertung gefunden habe, suche ich nach Lösungen, wie ich es besser machen kann. Dafür besorge ich mir vor allem Bücher. Wenn sie gut sind, nutzte ich die dort vorgeschlagenen Hilfen.

Die obigen Beispiele sind zwar beide aus der Partnerschaft, aber das gleiche System wende ich auch auf alle anderen zwischenmenschlichen Bereiche an.

Doch was würde es mir nützen, wenn ich nur andere Leute beobachte und mich selbst nicht? Auch mein eigenes Verhalten wird immer wieder reflektiert. Denn eins ist mir klar: Ich kann mich in meiner Persönlichkeit nur weiterentwickeln, wenn ich lerne, mit mir selbst umzugehen.

Mein aktuelles Abenteuer ist, das Schweigen zu lernen. Nicht alles was ich denke, muss ungefiltert aus meinem Mund fließen. Dazu nutze ich die drei Siebe der Weisheit von Sokrates: Wahrheit, Notwendigkeit und Güte. Und so wie ich das jetzt sehe, werde ich daran noch mein restliches Leben lang lernen. Aber ich will. Egal wie alt ich werde.

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Hast du ein aktuelles Lernabenteuer? Schreibe es mir doch gerne in einem Kommentar.

Edith schreibt

Klein Edith sitzt ganz vorne in der ersten Reihe der Schulbänke. Die Lehrerin hat das so bestimmt. Vorne an der Tafel stehen Buchstaben. Die sollen fein säuberlich mit dem Bleistift in das Heft übertragen werden. Schwer liegt die Hand von Klein Edith auf dem Tisch und die Finger krallen sich um den Bleistift. Obwohl die Linien im Heft schon vorgezeichnet sind, kann Klein Edith die Buchstaben nicht hundertprozentig genau nachschreiben. Oft bekommt sie zu hören: „Das hast du nicht so schön gemacht. Mach es noch einmal.“

Klein Edith stöhnt und schreibt. Sie spürt am eigenen Leib, dass noch kein Meister vom Himmel gefallen ist. Von ihrem liebevollen Vater aber lernt sie eine Eselsbrücke, mit der dann so manche Übungsstunde versüßt wird. Sie lautet: Auf, ab, auf. Pünktchen drauf. Und so lernt Klein Edith nicht nur das kleine i in Schreibschrift, sondern im Laufe der ersten Klasse alle Buchstaben des Alphabeths. Noch krakelt sie etwas auf den Heftseiten herum, aber die erste große Hürde des Schreibenlernens ist geschafft.

Mit 16 Jahren sitzt Edith wieder in der ersten Reihe in einem Klassenzimmer und lernt schreiben. Dieses Mal eine ganz neue Schrift, die man Kurzschrift nennt. Auch jetzt sind die Linien im Heft vorgegeben. Es kommt sehr auf die Genauigkeit an, denn je nach dem, auf welcher Linie sich ein Zeichen befindet, ist die Bedeutung des geschriebenen Wortes anders. Es heißt für Edith also, wie in der ersten Klasse, oft zu üben und zu wiederholen. Der i-Punkt, auf den sie in der ersten Klasse so viel Wert legen musste, bedeutet jetzt ein ganzes Wort.

Ungefähr ein Jahr dauert es, bis Edith die meisten Zeichen und Kürzel der Kurzschrift schreiben kann. Und jetzt kommt es auf die Schnelligkeit an. Hui, wie macht das Spaß zu sehen, wie der Bleistift über das Papier fliegt.

Dreißig Jahre später sitzt Edith an einem kleinen Einzeltisch in einem großen Lehrsaal. Rechts und links neben ihr sitzen Kandidaten, die dasselbe vorhaben. Vor ihr liegen lose Blätter mit Linien, auf denen sie demnächst repetiert, was sie gelernt hat. Nach vier Jahren Weiterbildung für das Abitur über Fernschule ist heute die Deutschprüfung an der Reihe. Als sie die Aufgabenstellung liest, schmunzelt sie. Es ist ein gutes Thema. Darüber lässt sich etwas schreiben.

Und dann scheibt sie was das Zeug hält. Es fließt und fließt. Nach drei Stunden gibt sie ab und glaubt daran, dass ihre geleistete Arbeit gut bewertet wird.

Auch heute sitzt Edith vor einem linierten Block und schreibt. Obwohl man doch heutzutage alles in den Computer schreibt. Aber Edith liebt es, mit dem Bleistift auf liniertes Papier zu schreiben. Das Kratzen auf dem Papier ist wie angenehme Hintergrundmusik, bei der sie ihre Gedanken und Ideen einfach vom Kopf durch die Hand auf das Papier fließen lassen kann.

Und so entsteht manche Geschichte, manches Gedicht oder auch mancher Blogbeitrag. Besonders gerne schreibt Edith in der Blognacht mit Anna Koschinski und anderen bekannten und unbekannten Schreiberlingen. Mit jedem entstandenen Werk stellt sie fest, dass sie das Schreiben nicht mehr lassen kann. Es ist eine heimliche Hoffnung in ihr, dass sich das Sprichwort bewahrheitet: Wer schreibt, der bleibt.

Schreibst du auch gerne? Verrate mir doch in einem Kommentar, was du schreibst.