Eine Krone macht noch keinen König

Eine Krone macht noch keinen König

Erschöpft sitze ich im halbdunklen Raum und hänge den Kopf. Heute geht aber wirklich alles schief, denke ich, und stöhne laut. Da kommt mir ein Satz in den Sinn, den ich irgendwo gelesen habe. Er lautet: „Trainiere deinen Sinn für Humor wie einen Muskel.“ Ich schnaufe aus und stampfe auf den Boden. Knarz, macht die Holzdiele und es scheint, als würde sie sagen:

„Probiere es doch wenigstens mal aus.“

Gut, denke ich, und höre, wie mein Mann pfeifend die Treppe hoch kommt. Er begrüßt mich mit einem Lächeln und unterbricht dabei sein Pfeifen nicht. Immer noch etwas knurrig probiere ich vorsichtig meinen Muskel für Humor und frage ihn:

„Sag mal, pfeifst du heute aus dem letzten Loch oder soll das ein Ohrwurm werden?“

Er legt den Kopf halb schief und grinst mich an. Dabei sehe ich die kleinen Knopfohrhörer und meine Mundwikel gehen nach oben. Es scheint ein Ohrwurm zu werden, denn ich erkenne, was er pfeift. Die Melodie ist leicht und setzt sich bei mir fest. Ich kann nicht anders, als in das Gepfeife meines Mannes einzustimmen. Das klingt so lustig, dass wir beide anfangen zu lachen. Der Knoten bei mir ist geplatzt und ich freue mich, dass der Muskel für den Humor funktioniert hat.

Aber in der Nacht darauf kann ich schlecht schlafen. Irgendetwas ist entzündet. Es pocht und pocht in meinem Gesicht. Zahnschmerzen. Ich wälze mich mich im Bett hin und her. Und mit dem Morgengrauen graut es mir auch vor dem kommenden Tag, denn der Zahnarztbesuch ist unausweichlich. Da blinzelt mich mein Mann an und meint schläfrig:

„Morgenstund hat Gold im Mund.“

Mit schief gezogenen Mundwinkeln kann ich nur noch mit verzerrter Stimme antworten:

„Zuviel Gold! Ich muss zum Zahnarzt.“

Später quäle ich mich zu meinem Nottermin in die Praxis.

„Ich muss Ihnen Ihre Krone nehmen, die Entzündung ist in einem Loch darunter.“

Ich bin entsetzt über dieser erschütternde Wahrheit des Mediziners. Aber es muss sein. Dann tut der Zahnarzt seine Arbeit. Fast zwei Stunden später gehe ich mit dickem Gesicht und sehr erschöpft nach Hause. Meine dämmrige Stubenecke zieht mich magisch an und ich lasse mich dort nieder.

Mit gerunzelter Stirn brumme ich in mich hinein, dass es mit dem Humor wohl doch nicht so geklappt hat. Dabei habe ich eigentlich schon den Sinn dafür. Vielleicht funktioniert das nur im Zusammenspiel mit Menschen um mich herum, die mir mit dem Humor auf die Sprünge helfen? Alleine mit mir, einem Eisbeutel auf der geschwollenen Wange und Schmerzen, da will sich mein Lachmuskel einfach nicht bewegen.

Das Klingeln des Telefons reißt mich aus meinen Gedanken. Mama ist dran. Sie erzählt ein bisschen von sich und zitiert dann aus heiterem Himmel den Spruch

„Nach dem Hinfallen wieder aufstehen, Krönchen richten und dann weitergehen.“

Und weil meine Mama von meinen Zahnschmerzen bis zu diesem Zeitpunkt gar nichts gewusst hatt, ist ihr Spruch wie ein Reiz, der meinen Muskel für den Humor wieder in Bewegung bringt.

„Nein Mama, dieses Mal richte ich mein Krönchen nicht selbst. Dieses Mal macht es der Zahnarzt.“ Und dann schildere ich ihr von meinem Malheur mit meinen Zähnen. Die schlechte Laune ist wie verflogen. Auch Mama hat es geschafft, meinen Humormuskel anzuregen.

Wie ist das bei dir? Hast du auch Menschen, die deinen Sinn für Humor verstehen und mit dir gemeinsam den Muskel dafür trainieren können? Schreib es mir doch gerne in einen Kommentar.

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